Protest im Leipziger Stadtrat: Grüne verlassen den Raum, AfD-Mann platzt der Kragen
Leipzig - Dass die AfD auch im Leipziger Stadtrat nicht vor Hass und Hetze zurückschreckt, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Den Leipziger Grünen ging dies am Mittwoch zu weit. Als die Rechtsaußenfraktion erneut gegen Migration und Geflüchtete wetterte, verließ das Bündnis 90 plötzlich geschlossen den Plenarsaal.
![Nur ein paar leere Stühle zierten am Mittwoch die Reihen der Grünen-Fraktion in der Leipziger Ratsversammlung. Aus Protest gegen Anträge von AfD und CDU hatten die Stadträte geschlossen die Sitzung verlassen.](https://media.tag24.de/951x634/8/f/8fi79x868ry1pymd2cir5dfavri4x4v8.jpg)
AfD-Stadtrat Christian Kriegel hatte gerade am Rednerpult Platz genommen, um zum Antrag "Kein sicherer Hafen für illegale Migration!" zu sprechen, da erhoben sich die Stadträtinnen und Stadträte der Grünen-Fraktion und traten eine nach dem anderen aus dem Raum.
Auf ihren Plätzen hinterließen sie orange Papierschiffchen und Protestschilder, auf denen in großen weißen Lettern Erklärungen standen, wie "Ja zu Seenotrettung" und "Menschlichkeit darf nicht begrenzt werden".
Die Hinterlassenschaften waren Verweise auf die Initiative Seebrücke sowie das Bündnis "Städte Sicherer Häfen", denen Leipzig seit 2019 beziehungsweise 2020 angehört. Seebrücke fordert seit 2018 eine Umkehr der deutschen und europäischen Asyl- und Migrationspolitik sowie die sichere Aufnahme geflüchteter Menschen.
Das Bündnis vereint Städte, Gemeinden und Landkreise, die sich mit diesen Positionen und der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer solidarisieren. 2020 übernahm Leipzig zudem eine ideelle Patenschaft für das Rettungsschiff "Rise Above" des Dresdner Vereins "Mission Lifeline".
Die AfD forderte nun den Austritt aus Initiative und Bündnis sowie ein Ende der Patenschaft. Bereits im Antrag erklärte die Fraktion, dass es sich bei den Forderungen der Seebrücke "um gefährliche Moral getriebene und gesinnungsethische Symbolpolitik" handeln würde. Cottbus und Dresden seien schon ausgetreten.
"Formulierung suggeriert, dass es sich um Kriminelle handelt"
![Erst, nachdem AfD-Stadtrat Christian Kriegel seine Rede zum Antrag beendet hatte, kehrte die Fraktion zurück.](https://media.tag24.de/951x634/3/y/3ywui303orj6xcerjnudpmde8j73v9vi.jpg)
In seiner Rede sprach Kriegel von einem weiteren Pull-Faktor, den die Stadt geschaffen habe, warf ihr vor, Geflüchtete damit anzulocken.
Als Linken-Stadträtin Juliane Nagel ihm widersprach, platzte dem AfDler schließlich der Kragen. "Hier muss ein Umdenken passieren, auch in dieser Stadt Leipzig!", schimpfte er. "Null Migration hier in Leipzig, das ist unsere Forderung! Und jeder, der das anders sieht, macht sich aus unserer Sicht mitverantwortlich für weitere Attentate, die hoffentlich nicht kommen."
Erst, nachdem die Tirade beendet war, kehrten die Grünen an ihre Plätze zurück. Stadträtin Anne Vollerthun wies ebenso wie Nagel auf die perfide Formulierung des Antrags hin, die die AfD laut Kriegel "sehr bewusst" gewählt habe.
"Die Wahrheit ist: Nur wohlhabende Menschen aus dem Ausland können ein Visum erhalten und regulär nach Deutschland einreisen. Es gibt so gut wie keine legalen Fluchtwege für Asylsuchende", so Vollerthun.
"Die Formulierung suggeriert, dass es sich um Kriminelle handelt, nicht um Schutzsuchende."
Antrag der AfD wurde abgelehnt
![Orange Papierschiffchen und Protestschilder erinnerten auch danach an die Initiative Seebrücke und das Bündnis "Städte Sicherer Häfen", denen Leipzig seit einigen Jahren angehört. AfD und CDU hatten gefordert, die Mitgliedschaften zu beenden.](https://media.tag24.de/951x634/h/p/hpsaks0aqhng3r8u4yzh110iaru5tetr.jpg)
Nagel zufolge habe Leipzig seit 2019 drei Menschen zusätzlich aufgenommen. Die Verwaltung wies darauf hin, dass Mitgliedschaft und Patenschaft keine materiellen und finanziellen Verpflichtungen für die Stadt beinhalten. Ein Austritt würde vielmehr dem Ansehen Leipzigs als weltoffene und humanitäre Stadt schaden.
Der Antrag der AfD - ebenso wie ein Antrag der CDU, die die hetzerischen Forderungen noch übernommen hatten - wurde schließlich abgelehnt.
Titelfoto: Eric Mittmann