"Hat mit Notstand nichts zu tun": Heftige Debatte in Leipzigs Stadtrat um Wirtschafts-Verkehr
Leipzig - Der Verkehr der Messestadt soll klimafreundlicher werden, das steht spätestens seit Ausrufung des Klimatnotstands fest. Gleichzeitig muss jedoch auch der Wirtschaftsverkehr fließen. Leipzigs Grüne und die Stadtverwaltung haben deshalb Pläne vorgestellt, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Für Diskussionen sorgte mal wieder die Frage, wann das Dezernat von Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) diese fertig haben will.
Bündnis-90-Stadträtin Kristina Weyh betonte bei der Vorstellung der Pläne noch, dass schnelle Lösungen unbedingt erforderlich seien. Die Grünen hatten dazu zunächst eigene Forderungen formuliert, stellten schließlich jedoch den Vorschlag der Verwaltung zur Abstimmung.
Deren Lösungen sehen wie folgt aus:
- Jeder erste Parkplatz einer an eine Hauptstraße angrenzenden Nebenstraße soll von 7 bis 18 Uhr dem Wirtschaftsverkehr vorbehalten und perspektivisch mit einer E-Lademöglichkeit ausgestattet werden.
- Für Sonderparkgenehmigungen auf Hauptstraßen soll eine konkrete Regelung erarbeitet werden - unter der Voraussetzung, dass die öffentliche Sicherheit, ÖPNV sowie Rad- und Fußverkehr nicht behindert werden.
- Eine App soll Beantragung und Bewilligung von Sondergenehmigungen maßgebend vereinfachen und beschleunigen. Digitale Werkzeuge sollen zudem dabei helfen, mögliche Regelungen in der Praxis zu überwachen.
- Kammern, Verbände und andere Akteure im Verkehrsbereich sollen in die Planungen einbezogen werden.
Die Stadtverwaltung will dabei zunächst prüfen, ob und wie sich die Pläne konkret umsetzen lassen. Ein detaillierter Zeitplan zur Bearbeitung der Konzeption sollte eigentlich bis Ende des zweiten Quartals, also Ende Juni, in den Fachausschüssen Stadtentwicklung und Bau sowie Wirtschaft, Arbeit und Digitales vorliegen.
Unabhängig davon sollen bis zur Verabschiedung des Langfristkonzeptes "Ruhender Verkehr" zusätzliche Lieferzonen eingerichtet werden.
Konzepte seit eineinhalb Jahren überfällig
Dass Leipzig in puncto Wirtschaftsverkehr zügig handeln muss, darüber schienen sich während der Ratsversammlung alle Seiten einig. Für Diskussionen sorgte dabei jedoch erneut die Frage nach dem zeitlichen Rahmen.
So verwies FDP-Stadtrat Sven Morlok (61) darauf, dass das Konzept für den ruhenden Verkehr, für das bei den aktuellen Plänen das Dezernat Stadtentwicklung und Bau zuständig ist, eigentlich schon 2021 erstellt sein sollte. "Jetzt sind wir im Juni 2023. Das heißt, es ist seit eineinhalb Jahren überfällig. [...] Das hat mit Notstand nichts zu tun."
Die Fraktion der Freibeuter um FDP und Piraten forderte deshalb, im aktuellen Vorhaben über jede Maßnahme einzeln im Stadtrat zu entscheiden, um diese schneller auf den Weg zu bringen. "Ich möchte das auch nicht. Es ist aber besser, wir setzen eine Maßnahme um als gar nichts", so Morlok.
Dass die Fristen für die Erstellung von Konzepten nicht eingehalten werden, kritisierte auch die CDU. Auch sie sprach sich schließlich für den Freibeuter-Vorschlag aus.
Pläne sollen bis Anfang Juli stehen
Die überfälligen Konzepte erklärte Grünen-Stadträtin Weyh unter anderem mit mangelndem Personal. "Das ist furchtbar, aber dass wir das regelmäßig beklagen, hilft uns auch nicht weiter. Wir müssen damit umgehen."
Tatsächlich blieb Stadtentwicklungs-Bürgermeister Thomas Dienberg den Stadträten auch diesmal eine konkrete Frist schuldig, sodass letztlich Finanzbürgermeister Torsten Bonew, in Vertretung von Oberbürgermeister Burkhard Jung (65, SPD), ein Machtwort sprach und den Zeitplan bis 7. Juli in Aussicht stellte.
Das Vorhaben von Stadt und Grünen wurde schließlich beschlossen. Der Ergänzungsantrag der Freibeuter mit 30 zu 29 Stimmen abgelehnt. Es bleibt abzuwarten, ob bis 7. Juli eines der Konzepte vorgelegt wird.
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