Klimakleber-Zoff in Leipzig: CDU will in Grundrechte eingreifen, um Letzte Generation zu verbieten
Leipzig - Nicht nur die AfD, auch die CDU hat sich inzwischen den Kampf gegen die Letzte Generation auf die Fahnen geschrieben. Nachdem München zuletzt mit einer Allgemeinverfügung auf massive Proteste der Klimaaktivisten reagierte, machten sich Leipzigs Christdemokraten ebenfalls für ein Verbot der Versammlungen stark - und erhielten eine Gratis-Stunde im Sächsischen Versammlungsrecht.
Nachdem die Letzte Generation Ende August den Verkehr in München massiv behindert hatte, untersagte die bayrische Landeshauptstadt Klimaproteste, um eine Gefährdung von Rettungseinsätzen zu verhindern.
Das Verbot beschränkte sich dabei auf Versammlungen, "die auf den Routen der Einsatz- und Rettungsfahrzeuge stattfinden, zuvor nicht beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) angezeigt wurden und bei denen sich Teilnehmende fest mit der Fahrbahn verbinden", so die Stadt München.
Zudem war die Verfügung lediglich bis zum 12. September gültig, dem Tag, an dem die angekündigten Proteste enden sollten.
In der Anfrage der CDU ist von den Beschränkungen nur teilweise zu lesen. Die massiven Proteste, von denen laut der Stadt München tatsächlich zwei Rettungsfahrzeuge betroffen waren, werden gar nicht erst erwähnt.
Stattdessen heißt es darin lediglich: "Die Stadt München hat per Allgemeinverfügung zur präventiven Gefahrenabwehr Klimaproteste, die auf den Routen der Einsatz- und Rettungsfahrzeuge stattfinden, untersagt." Das Veranstalten und die Teilnahme an Blockadeaktionen sei verboten, der Aufruf strafbar und die Teilnahme könne mit bis zu 3000 Euro geahndet werden.
Auch in Leipzig hätten mehrfach Blockadeaktionen mit "massiven Behinderungen" des Straßenverkehrs stattgefunden. Welche Maßnahmen ergreift nun der Oberbürgermeister, um diese zu verhindern, und sei dabei auch für Leipzig der Erlass einer derartigen Allgemeinverfügung beabsichtigt? "Falls ja, wann tritt diese in Kraft? Falls nein, warum nicht?"
Erlass einer Allgemeinverfügung: "Erheblicher Eingriff in die Grundrechte"
Das Ordnungsamt antwortete daraufhin zunächst schriftlich, wie in Leipzig mit Blockadeaktionen der Letzten Generation umgegangen werde. Verbote oder Beschränkungen seien dabei nur dann möglich, wenn "die öffentliche Sicherheit oder Ordnung [...] unmittelbar gefährdet ist."
Jede Versammlung unterliege dabei einer konkreten Einzelfallprüfung. "Zunächst ist dabei jedoch anzumerken, dass in der Vergangenheit die Häufigkeit der Aktionen der 'Letzten Generation' in Leipzig als eher gering einzuschätzen ist."
"Ein pauschales Verbot scheidet aus", heißt es in der Antwort weiter.
Dieses müsse umfangreich und gefahrenprognostisch begründet werden. So seien in München mit der Allgemeinverfügung konkrete Ankündigungen der Letzten Generation einhergegangen.
Zum Vergleich: Leipzig hatte zuletzt im Vorfeld der "Tag X"-Proteste eine Allgemeinverfügung erlassen und einige der für das Wochenende angemeldeten Versammlungen verboten. Sowohl die Polizei Leipzig als auch das Sächsische Innenministerium und das Landeskriminalamt hatten dabei vor einem erhöhten Gewaltpotenzial gewarnt.
"Die Allgemeinverfügung ist ein erheblicher Eingriff in die Grundrechte und muss ein letztes Mittel bleiben", erklärte Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (48, Linke) im Zuge der Aufarbeitung des Wochenendes, das für heftige Kritik gesorgt hatte.
CDU kritisiert Antworten: "Nicht das, was wir hören wollten"
Auch jetzt stand der Ordnungsbürgermeister wieder Rede und Antwort, denn die CDU wollte sich mit den Antworten des Ordnungsamtes offenbar nicht zufriedengeben.
"Wir dachten bei unserer Frage an die Blockaden der Letzten Generation. Herr Rosenthal hat jedoch von Versammlungen gesprochen. Das ist nicht das, was wir hören wollten", beklagte zunächst Stadtrat Falk Dossin. "Die Frage war, ob der Weg von München nicht auch eine Option in Leipzig wäre."
"Sie sollten alle lesen, was in München gemacht wurde", antwortete Rosenthal darauf geradeheraus. "Das war ein Aufruf zu massiven Blockaden und die Stadt München hat präventiv darauf reagiert. Diese Situation haben wir hier in Leipzig nicht."
Für eine Allgemeinverfügung bedürfe es einer konkreten Gefahrenprognose. "Wir nehmen jede Blockade als Versammlungstatbestand entgegen. Sollte dieser nicht den Auflagen entsprechen, wird ein Verbot ausgesprochen, aber nicht präventiv im Vorfeld."
Den Christdemokraten sprang schließlich auch die AfD zur Seite. So wollte Fraktionsgeschäftsführer Christian Kriegel wissen, wieso die Klimablockaden so abgetan würden, dass die Stadt nicht eingreift. "Es wird nichts abgetan. Wir reagieren auf den konkreten Sachverhalt auf der Straße", so Rosenthal darauf.
Der neue CDU-Fraktionschef Michael Weickert versuchte es schließlich ganz dramatisch: "Muss denn erst was passieren, bevor wir handeln?"
Rosenthal erklärte, er könne die Zuspitzung nachvollziehen. "Aber wir müssen Recht und Gesetz anwenden. Ich kann keine Allgemeinverfügung erlassen."
Titelfoto: Silvio Bürger