Gebangt bis zum Schluss: Leipziger Naturschützer verlieren Kampf um Wilhelm-Leuschner-Platz
Von Anke Brod
Leipzig - Herbe Enttäuschung machte sich am Mittwoch in Naturschutzkreisen breit, als der Leipziger Stadtrat den Bebauungsplan für den Wilhelm-Leuschner-Platz beschloss. In ihren Augen fiel damit die finale Entscheidung gegen den dortigen Erhalt gewachsener Grünstrukturen. Jahrelang hatten sie gegen den Bauplan der Verwaltung protestiert.
Der citynahe Wilhelm-Leuschner-Platz soll mithilfe des Bundes, dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig zum innerstädtischen Vorzeigequartier für eine Melange aus Wissenschaft und Wohnen inklusive Markthalle, Musik- und Volkshochschule und neu angelegtem Grün werden.
Auf dem sechs Hektar großen Areal findet bald unter anderem das Naturkundemuseum, das Leibnitz-Institut für Länderkunde und der "Global Hub" der Universität Platz.
Kurz vor der Ratssitzung am gestrigen Mittwoch hatten Leipziger Naturschutzverbände noch mit dem Slogan "Kein Kahlschlag auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz" am Neuen Rathaus ihren Unmut zu den Bauplänen kund getan.
Ihnen reichte das darin vorgesehene Artenschutzkonzept nicht aus, weil es an der Schaffung von Ersatzlebensräumen noch vor jeglicher Rodungen fehle.
Zuvor hatte der Leipziger Naturschutzbund (NABU) per Stellungnahme moniert, dass auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz seit Januar 2021 durch umfangreiche Baumfällungen "vorfristig Fakten" geschaffen würden.
Herbe Enttäuschung über Abstimmungsverhalten des Stadtrats
Der Stadtrat habe am Mittwoch leider den weiteren Kahlschlag und die Versiegelung des Areals mit Asphalt und Beton durch einen entsprechenden Bauplan beschlossen, kritisiert der NABU nun.
Damit gingen endgültig Lebensraum und Klimaschutzfunktion des grünen Platzes verloren.
Zwar hatten die Grünen/Bündnis 90 zuvor einen entsprechenden Änderungsantrag eingereicht.
Doch dieser war laut NABU Augenwischerei. Letztlich ging die Fraktion in mehrheitlicher Zustimmung nämlich mit der vorliegenden Verwaltungsversion zur Bebauung d'accord.
"Unsere Kritik richtet sich auch gegen das Abstimmungsverhalten der Grünen", sagte Karsten Peterlein (47) vom NABU am Donnerstag im TAG24-Gespräch. "Wir wollten mehr für den Leuschnerplatz erreichen", betonte er und meinte: "Mit diesem Ergebnis können wir die Vogelvielfalt dort nicht erhalten."
Es reiche eben nicht, nur die Bäume und Sträucher im nördlichen Teil am ehemaligen Bowlingcenter zu schützen, wie es die Grünen vorgeschlagen hätten, verdeutlichte er.
Bereits 2019 hatte der NABU überdies in einer Petition verlangt, den Wilhelm-Leuschner-Platz nur zum Teil zu bebauen, den Großteil indes in seiner Natürlichkeit zu belassen. "So aber sind die Tiere hinterher weg", beschreibt Peterlein drastisch die nun drohenden Konsequenzen.
Man habe es wieder nicht geschafft, Tiere direkt in die Bauplanung einzubeziehen, monierte er. Das sei in Leipzig leider gängige Praxis.
Einen letzten Versuch wollen Naturschützer aber noch wagen und rufen in einer Petition dazu auf, die noch vorhandenen Bäume auf dem Leuschner-Platz zu retten.
Titelfoto: Anke Brod