Schildbürgerstreich an Leipziger Bushäuschen: Wo bleiben die Mülleimer?
Von Anke Brod
Leipzig - Seit Einführung der Buslinie 71 im Februar kann der Leipziger Stadtteil Anger-Crottendorf nun endlich im öffentlichen Nahverkehr mithalten. Davon zeugen im Kiez auch die funkelnagelneuen Haltestellen entlang der Strecke. Ein Toilettenhäuschen für Busfahrer ist ebenfalls dabei. Was allerdings durchweg fehlt, sind Abfallkörbe. Wurden sie vergessen?
Durch die fehlenden Mülleimer wird an den Haltestellen Abfall häufig achtlos weggeworfen. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern beeinträchtigt auch die Lebensqualität der Anwohner.
Auch Viola (69), wie sie genannt werden möchte, ist dies ein Dorn im Auge. Sie rückt daher jeden Morgen mit Besen und Müllsack zum Bushäuschen an der Mascovstraße aus, um dort gründlich reine zu machen.
Im Klartext: Die engagierte Dame beseitigt auf eigene Kappe stinkende Zigarettenstummel, klebrige Essensreste, leere Getränkedosen, Butterbrotpapier und dergleichen "Ekelkram" mehr.
Die Nachbarn beobachteten Viola dabei mit Bewunderung. Allerdings fragten sie sich bald: Weshalb macht sie diesen "Job" freiwillig und umsonst?
Eine Anwohnerin wandte sich schließlich über den Verein "ACtiv für Bürger" fragend an Tomasz Petersohn (45) vom Stadtbezirksbeirat Ost. Dieser schrieb sogleich die Leipziger Stadtverwaltung zur Sache an.
Die Antwort sorgte im Kiez vielfach für Kopfschütteln: Es gebe kein Geld, um die sechs fehlenden Müllkörbe zu installieren, gab Petersohn beim Besuch von TAG24 vor Ort weiter.
Das sei schwer zu glauben, weil direkt neben der Strecke der Linie 71 eine Spielstraße für mindestens 680.000 Euro gebaut worden sei, ergänzte er irritiert.
Stadtreinigung ruft Bürger in die Verantwortung
"Was für ein Schildbürgerstreich!", murmelt auch Viola, als sie das Häuschen erneut fegt. Doch die engagierte Frau lässt sich nicht entmutigen.
Mit den anderen Anwohnern und dem Stadtbezirksbeirat wolle sie weiterkämpfen: Für einfache, aber wichtige Dinge wie Müllkörbe, die das Leben im Stadtteil so viel angenehmer machen könnten ...
Eine andere Erklärung für die sechs fehlenden Mülleimer längs der Linie 71 lieferte auf TAG24-Nachfrage der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig. "Papierkörbe sind ein zusätzliches Angebot, damit Bürgerinnen und Bürger 'Unterwegsabfälle' schneller entsorgen können", teilte Pressesprecherin Kristin Kolditz mit.
Bei Baumaßnahmen, so der Errichtung von Haltestellen, sei in erster Linie der Bauherr für eine Erstausstattung zuständig.
Ohne Abfallbehälter müsse der Müll so lange "bei sich" behalten werden, bis sich eine Entsorgungsmöglichkeit ergebe, so die Ansage. Und: Es bestehe keine Verpflichtung seitens einer Kommune, sämtliche Haltestellen mit Papierkörben auszustatten. Das Fazit der Stadtreinigung: "Insbesondere mit Blick auf die Zero-Waste-Strategie sollten Bürgerinnen und Bürger versuchen, weniger Abfälle zu verursachen und diese ansonsten den regulären, verwertbaren Entsorgungswegen zuführen".
Abfälle "to go" könnt Ihr selber übrigens auch gut vermeiden: Benutzt unterwegs am besten Mehrwegprodukte!
Titelfoto: Anke Brod