Leipzig hat den Kanal voll Gäste: TAG24 auf Erkundungstour

Leipzig - Völkerschlachtdenkmal, Messehöfe, Uni-Riese, Hauptbahnhof, Auerbachs Keller - wer Leipzig besucht, hat zunächst diese Sehenswürdigkeiten im Blick. Dabei bietet die Stadt abseits und doch gar nicht fern vom Zentrum einiges mehr. Zum Beispiel kleine Wasserstraßen, auf denen sich's trefflich schippern lässt. Der Karl-Heine-Kanal sticht besonders heraus.

Lea (20) auf Erkundungstour. Entlang von Elster und Heine-Kanal ragen imposante ehemalige Industriebauten in die Höhe.
Lea (20) auf Erkundungstour. Entlang von Elster und Heine-Kanal ragen imposante ehemalige Industriebauten in die Höhe.  © Norbert Neumann

Neugierig steigen Lea (20) und Julia (24) auf das flache Metallboot, eine Spezialanfertigung. In der Freizeitszene sind die beiden Studentinnen gut vernetzt. Doch die Geheimnisse des alten Industriekanals zwischen Plagwitz und Lindenau sollen sich ihnen erst heute erschließen.

Der Kanal im Leipziger Westen hat eine bewegte Geschichte. Er wurde auf Initiative des Industriepioniers und Visionärs Karl Heine (1819-1888) zwischen 1857 und 1887 ausgebuddelt. Der Plan einer Anbindung an die Saale und damit, weiter gedacht, einer Wasserverbindung bis nach Hamburg, wurde jedoch nie realisiert. Heute ist er 3,3 Kilometer lang.

Los geht Leas und Julias Tour im Stadthafen auf der Weißen Elster. Kapitän Ingolf (51) heißt sie und andere Gäste gut gelaunt willkommen. Allerdings: Der Name "Stadthafen" ist eine hemmungslose Übertreibung. Ein richtiges Becken mit Marina und Café entsteht erst soeben, 2025 will man fertig sein. Bislang existiert nur eine 2010 gebaute Mole.

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Nach kurzer Fahrt durch einen grünen Blättertunnel auf dem Elstermühlgraben erstreckt sich seitlich das riesige Elsterbecken. Dann "Ahs" und "Ohs": Rechts und links türmen sich die Backsteinbauten der ehemaligen Buntgarnwerke.

Wo seit 1895 im Industriemaßstab gesponnen wurde, befinden sich heute Lofts und möblierte Appartements. Wer es sich leisten kann, wohnt hier im größten deutschen Industriedenkmal.

Den Weg zum Lindenauer Hafen versperrten bisher Algen den Weg

Eines der speziell konstruierten Ausflugsboote.
Eines der speziell konstruierten Ausflugsboote.  © Norbert Neumann

Kapitän Ingolf verscheucht ein paar Paddler, die die Zufahrt blockieren, und biegt in den Heine-Kanal. Eine große Betonschale sticht ins Auge: über dem Kanal schwebt ein ovales Eventzentrum, das ein wenig verlassen wirkt, seit der MDR mit seiner Talkshow "Riverboat" auszog. Belebt und quirlig hingegen geht es in der früheren Konsumzentrale zu. Das 1929 bis 1932 gebaute Klinkermonster am Ufer beherbergt heute vorwiegend Medienunternehmen. Fans der Neuen Sachlichkeit sollten sich das Treppenhaus, die Säle und die Aussichtsterrasse ansehen.

Weiter geht es zum Stelzenhaus eines ehemaligen Walzwerkes auf Stützen, immer wieder vorbei an kleinen Anlegestellen, auf denen Anwohner die Natur genießen. Dann jedoch heißt es "Umdrehen" oder "Aussteigen". Denn ab hier ist Schluss für Motorboote, selbst Paddler haben Probleme. Grund: Algen. Bis zum 2015 mit viel Tamtam angeschlossenen Lindenauer Hafen geht es durch grünen Schleim, dem die Stadtverwaltung bisher nicht Herr wurde.

Seit Montag sind zwei Mähboote dabei, die Strecke von Algen und anderen Wasserpflanzen zu befreien. Bis zum 16. August sollen die Arbeiten andauern.

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Auch der Weg nach Hamburg ist verstellt. Die 70 Meter bis zum Saale-Leipzig-Kanal sollen in 15 Jahren durchgestochen sein. Doch restliche acht Kilometer zur Saale ab der B181 werden wohl nie ausgebaggert. Der Bund als Verantwortlicher für die Bundeswasserstraße spiele nicht mit, heißt es.

Galerien in der alten Spinnerei

Die Baumwollspinnerei am Heine-Kanal beherbergt zahlreiche Galerien.
Die Baumwollspinnerei am Heine-Kanal beherbergt zahlreiche Galerien.  © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Ein Bummel entlang des Heine-Kanals lohnt mindestens einen, wenn nicht gar zwei Tagesausflüge.

Größte Sehenswürdigkeit ist neben der Konsumzentrale das Gelände der Baumwollspinnerei in Lindenau. Das Fabrik-Areal von 1884 ist ein Mekka für Kunstfreunde, die hier Galerien und Ateliers aller Couleur finden. Daneben gibt es Kino und Theater und ein zauberhaftes Gartenrestaurant.

In einer Nachbarstraße ragt die spektakuläre "Sphere" aus den ehemaligen Kirow-Werken. Die Halbkugel ist der letzte realisierte Entwurf des brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer (1907-2012).

Unten befindet sich eine öffentliche Kantine, in die Kugel geht es nur nach Voranmeldung oder mit einer Buchung für die Kugel-Räume.

Titelfoto: Montage: Norbert Neumann + picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

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