"Keine Zeltstadt für Geflüchtete": Anwohner protestieren in Leipzig-Stötteritz

Von Anke Brod

Leipzig - In Leipzig-Stötteritz wurde es am Sonntag laut: Gegen eine derzeit auf einer Industriebrache an der Kommandent-Prendel-Allee entstehende Zelt- und Containerstadt für Geflüchtete protestierten Bürger. Eine Gegenkundgebung mit Musik und Reden war ebenfalls vor Ort, mit Polizei und Ordnungsamt zur Stelle blieb aber alles friedlich.

Am Sonntag versammelten sich einige Stötteritzer Anwohner, um ihrem Unmut über die geplante Geflüchteten-Unterkunft Luft zu machen.
Am Sonntag versammelten sich einige Stötteritzer Anwohner, um ihrem Unmut über die geplante Geflüchteten-Unterkunft Luft zu machen.  © Anke Brod

Erschließungsarbeiten für die Fläche laufen bereits. Ab März sollen hier sieben Zelte sowie Wohncontainer rund 330 geflüchteten Menschen temporären Schutzraum bieten.

Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft ist die Saxonia Catering GmbH & Co. KG. Die Zeltstadt soll demnach so lange bewohnt werden, bis alle Betroffenen in Häusern untergekommen sind.

Sozialamtsleiterin Martina Kador Probst berichtete auf TAG24-Anfrage, dass die Notunterkunft nicht für Schutzsuchende aus der Ukraine, sondern für "Asylsuchende und Personen aus anderen Aufnahmeverfahren" geplant sei.

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Nachdem die Leipziger Stadtverwaltung ihre Pläne für die Anlage in Stötteritz vorige Woche öffentlich gemacht hatte, äußerten Anwohner Bedenken. Gegenüber TAG24 wollten sie unerkannt bleiben, da sie fürchten, mit ihrer Kritik in die "rechte Ecke" gepresst zu werden.

Vor allem bedrückt es viele offenbar, dass in ihrer Einfamilienhaussiedlung bald über 300 Menschen auf engstem Raum zusammenleben sollen.

Anwohner äußern verschiedene Ängste

Das Anwohnertreffen wurde unter anderem von den Organisatoren der Telegram-Gruppe "Stötteritz steht auf" ins Leben gerufen.
Das Anwohnertreffen wurde unter anderem von den Organisatoren der Telegram-Gruppe "Stötteritz steht auf" ins Leben gerufen.  © livereport Leipzig

Ein 61-jähriger Mann etwa hat Sorge, dass bald Straftaten zunehmen könnten.

Anhand der Leipziger Kriminalitätsstatistik des Jahres 2021 wird ersichtlich, dass 71,8 Prozent der insgesamt 27.101 gestellten Tatverdächtigen die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen.

Lediglich 7654 "nichtdeutsche" Personen wurden als Täter ermittelt. Für das Jahr 2022 liegt bisher noch keine Statistik vor.

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Gegenüber TAG24 erklärte die Polizeidirektion aber, in dem Bericht keine Nationalitäten oder Stadtteile zu nennen, um Stigmatisierungen zu vermeiden.

Eine 70-jährige Rentnerin befürchtet ihreseits mögliche fremdenfeindliche Anschläge auf die Unterkunft.

Und man fragt sich, ob eine Zeltstadt zur Beherbergung von Menschen überhaupt human sei.

"Stötteritz steht auf"-Demo ruft Gegenprotest auf den Plan

Auch antifaschistischer Gegenprotest fand sich in Stötteritz ein.
Auch antifaschistischer Gegenprotest fand sich in Stötteritz ein.  © Anke Brod

Unabhängig von den Bewohnern der Kolmstraßen-Siedlung gründete sich über den Telegram-Messengerdienst nun auch die Gruppierung "Stötteritz steht auf". Wer den Kanal betreibt, ist nicht erkennbar, die Organisatoren hatten jedenfalls zu dem Anwohnertreffen am heutigen Sonntag aufgerufen.

In der Gruppe wurde unter anderem auch ein AfD-Statement geteilt. "Nein zum Flüchtlingslager Stötteritz!", heißt es darin. Die AfD-Fraktion Leipzig lehne die "Einrichtung des Flüchtlingslagers in Stötteritz strikt ab".

Die AfD-Stadträte Tobias Keller (59) und Marius Beyer (23) erklären dabei unter anderem, dass die Einrichtung einer "derart großen Flüchtlingsunterkunft in einem dicht besiedelten gründerzeitlichen Wohnviertel unverantwortlich" sei. Das bringe den "örtlichen Gesellschaftsfrieden" in Gefahr.

Das Aktionsbündnis "Leipzig nimmt Platz" witterte in der Bürger-Einladung indes rechte Stimmungsmache und gestaltete vor Ort einen Gegenprotest. In einem Redebeitrag wurde wie auch seitens der Anwohner das Vorhaben der Stadt Leipzig kritisiert, Geflüchtete überhaupt in Zelten unterbringen zu wollen. Es gebe in Leipzig immer noch Wohnungsleerstand, hieß es.

Die Polizei stellte sich zwischen die beiden Lager.
Die Polizei stellte sich zwischen die beiden Lager.  © Silvio Bürger

Die Organisation warf der AfD-Fraktion darüber hinaus sinngemäß vor, im Zuge der geplanten Notunterkunft Bürger vor ihren politischen Karren spannen zu wollen.

Titelfoto: Montage Anke Brod

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