Bei Regen droht Überschwemmung! Ärger um Entwässerungs-Graben in Leipzig
Von Anke Brod
Leipzig - Der Ablauf des Regenwassers ist ebenso zähfließend wie der Streit um den dazugehörigen Graben: Im Leipziger Ortsteil Baalsdorf ist eine Grundstücksbesitzerin seit Jahrzehnten in eine wahre Schlammschlacht mit der Stadt verwickelt. Immer wieder droht ihrem Grund wegen mangelhafter Pflege des Entwässerungsgrabens vor ihrem Haus die Überschwemmung. Das geschah bereits zweimal.
Dr. Gisela Baum (82) nennt das Debakel "Grabenkrieg". Sie wohnt seit 1978 Am Hohen Graben, wie die Straße passend heißt. "Mein Mann kämpfte schon immer um diesen Entwässerungsgraben", berichtet sie im TAG24-Gespräch.
Ihr Gatte verstarb vor zwei Jahren – jetzt führt sie notgedrungen den Streit mit der Stadt weiter.
Nach dem letzten Starkregen im August sei der Graben wieder randvoll gewesen, das Wasser beinahe übergelaufen, schildert Baum.
Zu DDR-Zeiten haben Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) den Graben regelmäßig von Ablagerungen und Wildwuchs befreit, erinnert sie sich und konstatiert: "Seit der Wende läuft hier nichts mehr!"
Zwar hätten später polnische Arbeiter die Pflegearbeiten ausgeführt, doch die seien der Stadt Leipzig offenbar zu teuer geworden, führt die Rentnerin weiter aus. Seitdem gebe es ständig Ärger.
Die aktuell seitens Stadt beauftragten Kräfte kommen ihren Beobachtungen nach regulär nur zweimal jährlich. Sie verrichten ihren Job "liederlich", schildert sie und sagt: "Es wird nur die Böschung gemäht!"
Bäumchen gegen Wildwuchs – ein Trugschluss
In dem Fließgewässer zweiter Ordnung, so der Fachjargon, sprießen derweil munter Schilf, Gräser und Wasserpflanzen. Am Rande wachsen Bäumchen wie Birke oder Buche heran.
Letztere ließ die Stadt Leipzig perspektivisch als Schattenspender für die Grabensohle pflanzen, um dort Wildwuchs zu verhindern. "Es sind aber laubabwerfende Gehölze, die die Grabensohle im Herbst sicherlich noch mehr verstopfen werden", bemängelt die Anwohnerin.
Auch die zunehmende Verschlammung des Grabens verärgert sie. Bei drohender Überschwemmung fühlt sie sich im Stich gelassen. Noch nicht einmal Sandsäcke erhalte sie zur Schadensabwehr.
Im Mai wandte sich Baum mit der Hoffnung auf Besserung schriftlich an die Stadt. Doch das Amt für Stadtgrün und Gewässer winkte zwei Monate später per Antwortschreiben ab. Demnach seien die Mäharbeiten in der Straße ausreichend, hieß es.
Zwar habe der Hochwasserschutz bei der Gewässerunterhaltung in Siedlungsbereichen immer höhere Priorität, so die Formulierung. Dies bedeute seitens Gesetzgebers allerdings nicht die einzige Anforderung. "Es sind bei der Unterhaltung immer auch gewässerökologische Aspekte zu berücksichtigen", lautet die Begründung für Schlamm und Bewuchs.
Anlieger müssen blechen
Es kommt noch dicker: Am 15. Dezember 2022 beschloss die Leipziger Ratsversammlung eine Satzung zur Gewässerunterhaltung.
Demnach müssen sich Eigentümer und Bewirtschafter von Anliegergrundstücken – ähnlich wie beim Straßenausbau in Wohngebieten – bei Gewässern zweiter Ordnung an den Kosten zur Pflege beteiligen. Das betrifft auch Landwirte und gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2022.
Nun hoffen alle Beteiligten, dass an besagtem Graben zur Klärung vor Ort zeitnah eine Begehung mit Vertretern des Ortschaftsrats, der Stadt Leipzig sowie betroffenen Anwohnern stattfinden wird.
Titelfoto: Bildmontage: Anke Brod, privat