Leipziger Forensiker über kuriosen Fall: Mumifizierte Leiche sitzt auf dem Balkon!
Leipzig - In seinem Podcast "Entlarvende Spuren" spricht der Insektenforscher und Forensiker Marcus Schwarz (36) alle zwei Wochen über die spannendsten, verrücktesten und interessantesten Fälle seiner Karriere. Diesmal geht es um einen skurrilen Mumienfund in Leipzig.

So beschreibt der 36-Jährige, der an der Rechtsmedizin Leipzig als forensischer Entomologe arbeitet, einen Fall aus dem Jahr 2017.
Dieser drehte sich um eine 87-jährige Leipzigerin, deren Sohn sie vom Umzug in ein Pflegeheim überzeugen wollte. Bevor es allerdings dazu kommen konnte, erlitt die Seniorin einen Schlaganfall.
Zwar überlebte sie und konnte wenig später wieder in ihre geliebte Wohnung zurückkehren - "aber der Schlaganfall hatte dann trotzdem seine Spuren hinterlassen", so Marcus Schwarz. "Sie wurde zunehmend dement."
Und was dem Sohn in dieser Zeit besonders auffiel: In der Küche standen immer wieder leere Bierflaschen. Und das, obwohl seine Mutter noch nie gerne und viel Bier getrunken hatte.
Eine Auflösung dieses Mysteriums sollte es dann kurz darauf nach dem (natürlichen) Tod der Seniorin geben. Denn als eine Umzugsfirma danach ihre Wohnung ausräumte und hinter einem Vorhang einen bisher von allen Beteiligten unentdeckten Balkon erspähte, fiel der skurrile Satz: "Hier sitzt ja einer!"
Mann stirbt auf Leipziger Balkon - und wird mumifiziert

Der Mitarbeiter der Umzugsfirma war zunächst wirklich davon ausgegangen, dass ein Mann auf dem seit Wochen unberührten Balkon schlummerte. Tatsächlich handelte es sich aber um eine perfekt erhaltene Leiche - eine Mumie.
Wie sich später herausstellte, hatte die Seniorin in den Monaten vor ihrem Tod immer wieder einen wohnungslosen Leipziger zu sich nach Hause eingeladen. Der konnte dann immer auf ihrem Balkon entspannt sein Bier trinken - bis er genau dort eines Tages einen Herzinfarkt erlitt und an Ort und Stelle verstarb.
Die Seniorin hatte dann wohl aufgrund ihrer Demenz vergessen, den Balkon ein letztes Mal zu checken, und stattdessen einfach die Tür geschlossen und den Vorhang vorgezogen. Und so saß der tote Mann dort wochen-, wenn nicht sogar monatelang.
Aber wie kann es sein, dass sein Körper nicht verwest, sondern mumienartig konserviert wurde? Aufgrund absolut "perfekter" Wetterverhältnisse, so Schwarz.
Forensiker erklärt die Hintergründe
Damit ein Körper mumifiziert werden kann, müsse demnach die bakterielle Zersetzung gestoppt werden. Das kann auf unterschiedliche Arten geschehen, im Leipziger Fall ganz natürlich. "Er ist vermutlich in einem Zeitraum verstorben, in dem es sehr kalt, aber gleichzeitig auch sehr trocken war", erklärt der Forensiker. Dadurch setzte keine Verwesung und stattdessen eine Austrocknung der Leiche ein.
Bei der genauen Untersuchung konnte Marcus Schwarz dann erkennen, dass sich keinerlei Schmeißfliegen um ihn gebildet hatten - daraus konnte er ableiten, dass er im Winter gestorben war, noch bevor die Insekten wieder aktiv geworden wären. Und genau deshalb konnte die "Mumie" dort so lange geruchslos und unbemerkt sitzen.
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Titelfoto: Montage Instagram/marcus.schwarz.forensik ; 123rf/sielemann