Nun ist es amtlich: Geflüchteten-Zeltstadt in Leipzig-Stötteritz bleibt etwa ein Jahr

Von Anke Brod

Leipzig - Die geplante Zelt- und Containerstadt für rund 330 geflüchtete Menschen auf einer Industriebrache im Leipziger Stadtteil Stötteritz bewegt viele Anwohner. Am Dienstagabend beantworteten Leipzigs Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch (62) und Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst bei einer Sitzung des Stadtbezirksbeirats (SBB) Südost drängende Bürgerfragen.

Leipzigs Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch (62, l.) und Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst beantworteten in Stötteritz Bürgerfragen zur Zeltunterkunft für Geflüchtete ab März.
Leipzigs Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch (62, l.) und Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst beantworteten in Stötteritz Bürgerfragen zur Zeltunterkunft für Geflüchtete ab März.  © Anke Brod

Auch die beiden AfD-Stadträte Marius Beyer (23) und Christian Kriegel (66) waren zu der öffentlichen Sitzung in der Franz-Mehring-Grundschule erschienen. Die AfD-Fraktion Leipzig lehnt nach eigenem Bekunden eine Notunterkunft für Stötteritz strikt ab. Das möchte die Fraktion diesen Mittwoch auch im Stadtrat thematisieren.

Das Aktionsbündnis "Leipzig nimmt Platz" wirft der Partei indes vor, Anwohnerbedenken rund um die aktuell entstehende Zeltstadt in eine fremdenfeindliche Richtung lenken zu wollen.

Insgesamt verlief die Veranstaltung nahe der ab März von Geflüchteten bewohnten Notunterkunft an der Kommandant-Prendel Allee/Kolmstraße ruhig. Rund um das Schulgebäude und auch in der Kolmstraßensiedlung hatte vorsichtshalber aber die Polizei Präsenz gezeigt.

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Gut 30 interessierte Bürger hatten darüber hinaus keinen Platz mehr in der voll belegten Aula gefunden.

Dem Vernehmen nach fühlen sich einige Stötteritzer Bürger mit der kommenden Notunterkunft von der Stadtverwaltung überrumpelt. "Warum gab es keine Bürgerbeteiligung?", hieß es aus Zuhörerreihen. Die Unterbringung Geflüchteter sei eine "Pflichtaufgabe nach Weisung", erläuterte Martina Kador-Probst: Der Oberbürgermeister entscheide via Sächsischer Gemeindeordnung in eigener Zuständigkeit.

Sie sprach darüber hinaus von herrschendem Zeitdruck und verwies auf noch 3000 offene Plätze für Geflüchtete bei entsprechender Pflichtaufnahme der Stadt Leipzig.

Tag der offenen Tür geplant

Die Erschließungsarbeiten für die Geflüchteten-Notunterkunft auf dem Gelände an der Kolmstraße laufen.
Die Erschließungsarbeiten für die Geflüchteten-Notunterkunft auf dem Gelände an der Kolmstraße laufen.  © Anke Brod

"Die Suche nach geeigneten Objekten ist ein umfassender Entscheidungsprozess", sagte die Sozialamtschefin. Der Standort in Stötteritz habe sich dabei als "sofort umsetzbare Interimslösung" herausgestellt. Er befinde sich in kommunalem Eigentum, sodass keine Kosten zur Anmietung oder Kauf anfielen, so Kador-Probst.

Regulär war demnach keine Bürgerbeteiligung nötig. Die Stadt Leipzig will der Öffentlichkeit allerdings bald einen Tag der offenen Tür anbieten.

Ein weiterer Kritikpunkt an dem Abend war die Wahl des Betreibers, hier die Saxonia Catering GmbH & Co. KG. "Gibt es keine kostengünstigere Alternative?", lautete eine Frage aus dem Publikum. Ein privater Anbieter könne schneller an den Start gehen, informierte Kador-Probst, ein Vergabeverfahren dauere aktuell zu lange.

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Eine Anwohnerin beschäftigte die "Zusammensetzung" der ab März im Kiez erwarteten Geflüchteten. Die Belegung sei gemischt, hieß es. In puncto Integration verwies die Chefin des Leipziger Sozialamtes darüber hinaus auf beschleunigte Aufnahmeverfahren. Betroffene könnten nunmehr schneller in Arbeit kommen.

Zur Betreuung der gut 300 Menschen in der Zelt- und Containerstadt an der Kommandant-Prendel-Allee 63 sollen zudem sechs Sozialarbeiter aktiv werden.

Bauarbeiten für "Kolmstraßenquartier" sollen ab 2025 beginnen

Eigentlich ist der umstrittene Standort für das neu geplante "Kolmstraßenquartier" mit Wohnungen, Oberschule und Kita vorgesehen. Die Bauarbeiten dafür sollen nach Auskunft der Stadt aber nach wie vor ab 2025 beginnen.

Bis dahin stehe die Fläche zur Interimsnutzung zur Verfügung, so der Plan, und: Der Vertrag zur Zeltunterkunft umfasse ein Jahr mit der Option für ein weiteres.

"Die Nutzung der Zelte wird so schnell als möglich beendet, sobald andere geeignete Objekte an anderen Standorten zur Verfügung stehen", verspricht das Sozialamt bei alledem.

Titelfoto: Anke Brod

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