Kahlschlag am Leipziger Wilhelm-Leuschner-Platz: NABU erwirkt Rodungsstopp

Von Anke Brod

Leipzig - "Leipzig schrumpft - massiver Grünflächenschwund!" Deshalb hielten der Leipziger Naturschutzbund (NABU) und For-Future-Gruppen diese Woche am Neuen Rathaus gemeinsame Mahnwachen ab.

Am Wilhelm-Leuschner-Platz sind Bäume gefällt worden - das sorgte für Kritik von Umweltschützern.
Am Wilhelm-Leuschner-Platz sind Bäume gefällt worden - das sorgte für Kritik von Umweltschützern.  © Anke Brod

Die Versammelten beklagten Baum- und Gehölzrodungen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Hier soll an der Südspitze zwischen Brüder- und Windmühlenstraße der Neubau für ein Länderkunde-Institut entstehen.

Per Eilverfahren ließ der NABU weitere Fällungen stoppen. Die Naturschützer fühlen sich von der Stadt überrollt. Sie sehen die grüne City-Oase als "Platz der biologischen Vielfalt" in Gefahr.

Karsten Peterlein vom NABU Leipzig berichtete TAG24, dass der Wilhelm-Leuschner-Platz Brutstätte für 17 Vogelarten sei: Von Grünspecht, Nachtigall oder Dorngrasmücke bis hin zum Gelbspötter. Darauf verweist auch ein Transparent am Bauzaun des Kahlschlags.

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Luise Ebenbeck von "Extinction Rebellion" betonte zur Mahnwache: "Es geht neben dem Klimawandel inzwischen auch um massives Artensterben."

Und Melanie Eulitz vom Stadtverband Bündnis 90/Die Grünen bekräftigte: "Leipzig ist nicht klimabewusst, ganz und gar nicht und schon gar keine Kommune der Biologischen Vielfalt - diesen Titel trägt die Stadt nämlich seit 2010!"

Kritik auch von den Grünen

Mitglieder des Leipziger Naturschutzbunds (NABU) und von For-Future-Gruppen hielten eine Mahnwache ab.
Mitglieder des Leipziger Naturschutzbunds (NABU) und von For-Future-Gruppen hielten eine Mahnwache ab.  © Anke Brod

In einer Pressemitteilung schreiben die Leipziger Grünen: "Aus bündnisgrüner Sicht sind die rechtswidrigen Baumfällungen am Wilhelm-Leuschner-Platz in der vergangenen Woche ein Beleg dafür, dass das Dezernat für Umwelt und Klima der Stadt diesen Namen nicht verdient. Ausgerechnet die zugehörigen Ämter für Umweltschutz (AfU) und Stadtgrün und Gewässer (ASG) erteilten die Genehmigung, dort 13 wertvolle Bäume und 500 Quadratmeter Hecken abzuholzen."

Und weiter: "Ein Hitzesommer nach dem anderen strapaziert das Stadtgrün und mit ihm die Menschen in der Stadt. Und nun werden aus finanziellen Gründen gesunde, schattenspendende Bäume gefällt. Ein Jahr nach der werbewirksamen Ausrufung des Klimanotstandes zeigt sich, dass das Klimadezernat der Stadt noch lange nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist."

Der NABU moniert, dass die Stadtverwaltung in den Jahren 2016 und 2019 nicht auf entsprechende Positionspapiere zum Schutz der Artenvielfalt auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz eingegangen sei.

NABU legte Widerspruch gegen Rodungen ein

Laut NABU ist der Wilhelm-Leuschner-Platz Brutstätte für 17 Vogelarten.
Laut NABU ist der Wilhelm-Leuschner-Platz Brutstätte für 17 Vogelarten.  © Anke Brod

Nachfolgende Petitionen an Oberbürgermeister und städtische Fachämter waren offenbar ebenso verhallt. Nach fachlicher und juristischer Interpretation des Bundesnaturschutzgesetzes müssten Ersatzpflanzungen rechtzeitig vor Rodungen erfolgen.

Karsten Peterlein: "Die Vögel können natürlich nur ab einer gewissen Wuchshöhe von Sträuchern auf neue Quartiere ausweichen."

Der Naturschutzbund legte deshalb mit Hilfe eines Rechtsanwalts bei der Stadtverwaltung Widerspruch gegen die Rodungen ein.

Ein Stadtsprecher sagte TAG24 auf Anfrage: "Laut Stadtplanungsamt befindet sich das Grundstück zwischen Windmühlenstraße und Brüderstraße bauplanungsrechtlich im unbeplanten Innenbereich gemäß Paragraph 34 des Baugesetzbuches."

"Davon ausgehend ist eine Bebauung in geschlossener Bauweise und mit einer Gebäudehöhe von 19 bis 25 Metern bereits heute rechtlich möglich."

Areal soll laut Stadt Baugrund bleiben

Leipziger Naturschützer befürchten ein Artensterben.
Leipziger Naturschützer befürchten ein Artensterben.  © Anke Brod

Das Grundstück soll nach dem Willen der Leipziger Ratsversammlung weiterhin Baugrundstück bleiben und so im Bebauungsplanentwurf berücksichtigt werden, hieß es weiter.

Über die vom Stadtrat am 16. Dezember 2015 beschlossenen Leitlinien für das Aufstellungsverfahren zum B-Plan "Wilhelm-Leuschner Platz/Ost" habe man den Antrag des Leibniz-Institutes für Länderkunde vom 18. Oktober 2020 positiv beschieden.

Dieser beinhaltet demnach die Beseitigung geschützter Gehölzbestände laut Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig - und zwar für Baugrunduntersuchungen oder Kampfmittelerkundungen. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer habe ihn per 19. November 2020 positiv beschieden.

Für einen der auf dem Platz verbliebenen Bäume als geschütztes Biotop sei beim Amt für Umweltschutz ein Antrag auf Befreiung von der Baumschutzsatzung gestellt worden, um ihn fällen zu können, erklärte die Stadt.

Die Entscheidung steht noch aus. Ersatzpflanzungen sehen die Verantwortlichen im übrigen bis zum 31.Dezember 2022 vor - für den NABU indes zu spät.

Die Stadt erklärte: "Gegen die durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer erteilte Genehmigung zur Fällung wurde am 21.01.2021 Widerspruch eingelegt." Er werde aktuell geprüft.

Titelfoto: Anke Brod

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