Sächsische Familie sauer auf die Stadt: "Unser Sohn wurde von Deckenteilen verletzt!"

Leipzig - Wer seine Wohnung verliert, Asylbewerber oder ein Spätaussiedler aus dem ehemaligen Ostblock ist, hat in Leipzig Anspruch auf eine von insgesamt rund 700 Gewährleistungswohnungen. Wegen einer solchen Unterkunft hat die Familie von Kathleen Dietsch (42) allerdings Brass auf die Stadt. Und nun sogar einen verletzten Sohn.

Sauer auf die Stadt Leipzig: Claudiu Raicu (51) und seine Ehefrau Kathleen Dietsch (42) vor ihrer ehemaligen Gewährleistungswohnung.
Sauer auf die Stadt Leipzig: Claudiu Raicu (51) und seine Ehefrau Kathleen Dietsch (42) vor ihrer ehemaligen Gewährleistungswohnung.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Es ist die Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 2024. Kathleen Dietsch und ihr Mann Claudiu Raicu (51) werden vom Schrei ihres Sohnes (16) aus dem Schlaf gerissen.

Als die Mutter die Zimmertür öffnet, trifft sie der Schlag: Ein großes Stück Putz ist von der Decke auf das Bett gefallen, hat den Teenager an den Beinen getroffen und den Kopf nur knapp verfehlt.

Der Schüler sei laut Angaben der Familie mit Verletzungen in ein Krankenhaus gekommen. "Er hatte Schmerzen an den Unterschenkeln, der Hüfte und der Wirbelsäule", bestätigt seine Mutter. Bis heute habe er Rückenschmerzen, Schlafstörungen und sei schreckhaft bei Poltergeräuschen.

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Der traurige Höhepunkt eines Streits der Mieter mit der Stadt, die nach Aussagen einiger Hausbewohner lange Zeit mit Mängeln allein gelassen wurden.

In diesem Wohnblock in der Garskestraße befinden sich zwölf Notunterkünfte der Stadt Leipzig.
In diesem Wohnblock in der Garskestraße befinden sich zwölf Notunterkünfte der Stadt Leipzig.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Vorwurf an die Stadt Leipzig: Keine Reaktion auf Mängelmeldungen

Die Deckenteile fielen auf das Bett eines 16-Jährigen, ein größeres Stück Putz landete neben seinem Kopfkissen (r.).
Die Deckenteile fielen auf das Bett eines 16-Jährigen, ein größeres Stück Putz landete neben seinem Kopfkissen (r.).  © privat

Seit März 2022 lebte die Familie in der Notunterkunft in der Garskestraße, nachdem sie nach 13 Jahren aus ihrer Mietwohnung zwangsgeräumt wurden. "Es gab ausstehende Zahlungen nach einer Mieterhöhung", sagt Dietsch, deren vom Amt erhaltenes Wohngeld zuvor direkt an den Vermieter geflossen sei, dann aber nicht mehr.

Es ging in die von der Stadt zur Verfügung gestellte Gewährleistungswohnung in Leipzig-Schönau, für die 570 Euro Warmmiete fällig wurden. Und dort begannen die Probleme.

Schon frühzeitig hatte die vierköpfige Familie und auch andere Bewohner auf Mängel in den insgesamt zwölf Wohnungen sowie in Gemeinschaftsteilen des dreistöckigen Gebäudes hingewiesen.

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17 Meldungen aus 2023 und 2024 wurden TAG24 von der Stadt bestätigt. "Diese betrafen undichte Fenster, defekte Briefkästen, Schimmelbildung, defekte Heizkörper sowie einen Wasserschaden im Mai 2024 in der Garskestraße 11", so eine Sprecherin. "Darauf hat aber niemand reagiert, sondern es wurden noch weitere Menschen reingesetzt", ärgert sich Dietsch.

Die mit zwei Kindern alleinerziehende Nachbarin Antje Müller habe ebenfalls auf Schäden hingewiesen. Als das Warmwasser ausfiel, soll ihr von einer Stadtvertreterin gesagt worden sein, dass man so schnell nichts machen könne und man sich mit dem Wasserkocher aushelfen müsse.

Von dem nächtlichen Vorfall ist der Jugendliche bis heute traumatisiert.
Von dem nächtlichen Vorfall ist der Jugendliche bis heute traumatisiert.  © privat
Noch bis Anfang Januar war der Schaden nicht repariert.
Noch bis Anfang Januar war der Schaden nicht repariert.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Deckenabsturz in Leipziger Notunterkunft: "Natürlich wussten sie von dem Schaden"

Auch in anderen Gebäudeteilen gibt es Wasserschäden, wie hier im Keller.
Auch in anderen Gebäudeteilen gibt es Wasserschäden, wie hier im Keller.  © privat

Der Deckenabsturz in der Nacht zum 14. Dezember sei auf einen defekten Heizkörper in der darüberliegenden Etage zurückzuführen, den die Nutzer der Stadt nicht mitgeteilt hätten. Kathleen Dietsch kontert: "Natürlich wussten sie von dem Schaden, das wurde sogar der Feuerwehr bestätigt."

Ein Statiker kam zu der Einschätzung, dass weder Wohnung noch Gebäude akut einsturzgefährdet sind, das Kinderzimmer aber gesperrt werden müsse. "Aktuell werden die Schadenshöhen ermittelt und Maßnahmen zur Schadensbeseitigung eingeleitet", teilte die Stadt dreieinhalb Wochen später mit.

Gleichzeitig hat die Polizei Ermittlungen wegen des Verdachts einer Straftat durch Unterlassen aufgenommen. "Die Ermittlungen hierzu dauern noch an", sagte Polizeisprecherin Susanne Lübcke zu TAG24.

Kathleen Dietschs Familie kam in einer vom Sozialamt angebotenen größeren Ausweichwohnung in der Grünauer Pfaffensteinstraße unter, für die sie 800 Euro aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Ein hoher Betrag für die in Vollzeit tätige Mutter, die die Familie allein mit 1500 Euro versorgt, da ihr Ehemann krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist.

Wände und Treppenaufgänge sind ebenfalls nass.
Wände und Treppenaufgänge sind ebenfalls nass.  © privat

Die 42-Jährige möchte nun ebenfalls Anzeige erstatten und mithilfe eines Anwalts Schmerzensgeld vor Gericht erwirken. Die vierköpfige Familie wird der Fall wohl noch einige Zeit beschäftigen.

Titelfoto: Bildmontage: EHL Media/Erik-Holm Langhof (2) ; privat

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