Rote Socken verstecken sich in Schaufenster: Das hat es damit auf sich
Leipzig - Wer dieser Tage durch Leipzigs Innenstadt schlendert, wird in so manchem Schaufenster eine Reihe Bücher entdecken, teils umgeben von Schmuck oder Mode. Da werden Erinnerungen an die Buchmesse wach und doch hat diese besondere Ausstellung mitten im Hochsommer einen anderen Grund.
Ob Mädlerpassage, Altes Rathaus oder Städtisches Kaufhaus – in vielen Geschäften springen den Leipzigern derzeit verschiedenste Bücher ins Auge. Das erlebt man sonst nur, wenn die Leipziger Buchmesse stattfindet.
Doch die braucht es gar nicht unbedingt, um eine solche Bücherausstellung ins Leben zu rufen, findet auch Siegfried Lokatis (67), pensionierter Professor der Uni Leipzig.
TAG24 trifft ihn im "Bibliotop", einer von ihm ins Leben gerufenen Schatzkammer, die mit ihren Buchsammlungen und Ausstellungsstücken das Herzstück der Leipziger Buchwissenschaft geworden ist.
Dort bereitete er gemeinsam mit Studenten die aktuelle Ausstellung vor – Anlass: der 60. Geburtstag des Wagenbach Verlags, der am 25. August 1964 von Klaus Wagenbach (†91) gegründet wurde. "Er war einer der führenden, wenn nicht der führende linke Verlag in der Studentenzeit und hatte sehr spannende Beziehungen", erzählt Lokatis.
Passend dazu sind in einem Fenster sogar die roten Socken zu sehen, die er auf der Beerdigung der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof (†41) getragen haben soll.
Doch welche Rolle spielt ein Berliner Verlag überhaupt in Leipzig? Die Buchwissenschaft definiert die deutsche Hauptstadt ein wenig als Vorort der Buchstadt Leipzig, weil es einen Studiengang wie diesen dort nie gab, führt der 67-Jährige aus.
Besondere Ausstellung in Leipzig: "Schönste Bücher, die es überhaupt gibt"
"Es gehörte immer zu unserer Arbeitsweise, dass wir die Berliner Verlage hinzugezogen haben. Das sind mit die schönsten Bücher, die es überhaupt gibt." Dazu gehören ihm zufolge Die Andere Bibliothek, Edition Suhrkamp, die Naturkunden von Matthes & Seitz. "Auch unsere Inselbücherei sitzt jetzt in Berlin."
Und genau darum geht es: schöne Bücher – oft, aber nicht immer aus der DDR – in den Schaufenstern in der Innenstadt zu zeigen.
Wagenbach sei ein gutes Beispiel dafür, "was Bücher seit jeher wirklich bewirkt haben", erzählt der 67-Jährige. Und das, obwohl er zu DDR-Zeiten eher unbekannt war – immerhin hatte der sozialistische Staat ihm alle Lizenzen entzogen, weil er Werke vom in Ungnade gefallenen Wolf Biermann (87) veröffentlichte.
Passend zu den Themen Italien (Gastland bei der Frankfurter Buchmesse 2024) sowie Renaissance wird die auffallende rote Salto-Reihe in einem Laden im Städtischen Kaufhaus gemeinsam mit alten Statuen ausgestellt, die man von der Archäologischen Sammlung zur Verfügung gestellt bekam.
Zwar könne man die Bücher dieses Mal nicht in die Hand nehmen und lesen wie beispielsweise bei den Ausstellungen im Restaurant Pilot in der Gottschedstraße, dennoch ist die Schau auch diesmal wieder einmalig und originell. "Sammler würden ihre Schätze normalerweise niemals Lichteinstrahlung oder möglichem Diebstahl aussetzen."
Weitere Schätze wiederum finden sich unter anderem in der Gourmetage, in der Kümmel Apotheke oder bei Schmuckwerk Hübener.
Die vollständige Ausstellung könnt Ihr ab dem morgigen Sonntag (25. August) bis Ende Oktober in der Innenstadt sehen, eine interaktive Karte führt Euch von Station zu Station. Hier und via QR-Codes in den Schaufenstern findet Ihr weitere interessante Informationen.
Titelfoto: Bildmontage: TAG24/Juliane Bonkowski