MDR-Moderatorin schreibt Buch über ihre Oma - und findet sich selbst
Leipzig - Die Leipziger Fernsehmoderatorin Peggy Patzschke (54) verarbeitet in ihrem ersten Roman "Bis ans Meer" ihre traumatische Familiengeschichte, die geprägt ist von Krieg, Flucht und Schweigen und die in drei Generationen ihre Wunden hinterlassen hat. Im Mittelpunkt steht dabei die geheimnisvolle Lebensgeschichte ihrer Großmutter.

Januar 1945. Bei frostigen minus 30 Grad flieht Frieda mit ihrer kleinen Tochter aus Schlesien. Ihr Mann Karl kämpft an der Front. Beide gaben sich ein Versprechen: sich nach dem Krieg wiederzufinden, um jeden Preis.
Jahrzehnte später begibt sich schließlich die Enkelin auf die Suche nach der Wahrheit - über die Vergangenheit ihrer Großmutter und damit auch über den Ursprung ihrer eigenen Bindungsängste.
"Zwei Drittel dieser Geschichte basieren auf wahren Ereignissen. Die historische Frieda in meinem Buch habe ich sehr an wahre Ereignisse im Leben meiner Großmutter angelehnt", schildert Peggy Patzschke, die ein Jahrzehnt lang die Stimme der Morning Show von MDR Life war, und beginnt von ihrer Großmutter zu erzählen: "Sie war eine sehr selbstbewusste, tolle junge Frau, die talentiert war, die Musik gemacht hat, die große Träume hatte, ihre große Liebe kennengelernt hatte in Schlesien. Sie gründeten eine Familie."
Doch dann kam der Krieg und mit ihm Flucht, Vertreibung und Entwurzelung. "Und über all dem schwebte das große Versprechen zwischen Frieda und ihrem Ehemann Karl", erklärt Enkelin Peggy. "Ich habe mich beim Schreiben gefragt: Wie lange sollte man an einem Versprechen festhalten und wie weit sollte man dafür gehen?"

TV-Moderatorin Peggy Patzschke: "Meine Mutter hat täglich vom Krieg erzählt"

Frieda und Karl kämpften ihr ganzes Leben lang dafür. Sie versuchten, sich über den DRK-Suchdienst zu finden, schafften es sogar. Doch Krankheit und dann die deutsche Teilung verhinderten ein Wiedersehen. Denn Frieda hatte es auf der Flucht nach Halle verschlagen, Karl durch den Fronteinsatz nach Hamburg.
"Frieda hat das Versprechen um jeden Preis halten wollen, ihr Leben lang, und hat dafür einen relativ hohen Preis bezahlt", sagt die Autorin, die seit sechs Jahren auch als ehrenamtliche Seelsorgerin in Hospizen, Altersheimen und Kliniken arbeitet.
Das ganze Ausmaß der Liebesgeschichte eröffnete sich Peggy Patzschke erst, nachdem sie Dokumente und Briefe ihrer Großmutter in einer Abstellkammer gefunden hatte.
"Meine Mutter hat täglich vom Krieg erzählt. Gleichzeitig wurden mir aber andere Teile verschwiegen. Es gab so viele Fragezeichen um die Geschichte meiner Oma", erinnert sie sich schmerzlich. "Ich habe eine sehr liebevolle und fröhliche Oma erlebt. Aber hinter ihrem Lächeln war immer so eine Traurigkeit. Das hat mich sehr beschäftigt."

Peggy Patzschke: "Ich wollte zeigen, was Krieg, Krisen, Flucht und Vertreibung für Auswirkungen haben"

So sehr, dass ihr die Kriegswunden der Eltern und Großeltern quasi "vererbt" wurden. "Ich habe meine eigene Vorstellung vom Leben entwickelt. Ich dachte, du verlässt dich nicht auf Beziehungen, auf Versprechen oder Nähe. Du machst dein eigenes Ding. Dadurch hatte ich Probleme, mich auf Nähe einzulassen. Das sind aber alles Dinge, die ich heute erst verstanden habe", resümiert die Leipzigerin.
"Und ich habe das Buch deshalb jetzt geschrieben, weil auf der Welt gerade so viele neue Wunden geschlagen werden, die wiederum Generationen brauchen, um zu heilen. Ich wollte zeigen, was Krieg, Krisen, Flucht und Vertreibung für Auswirkungen haben - nicht nur auf das Glück von zwei Menschen, sondern auch auf das Glück der Kinder und Kindeskinder", sagt sie.
Doch gibt es ein Happy End? "Es gibt ein Happy End, aber nicht so, wie man es sich vorstellt", verrät Peggy Patzschke. "Ich glaube tatsächlich, dass ich es geschafft habe, bei uns den Kreis zu durchbrechen, weil ich eine Versöhnung mit meiner Mama hinbekommen habe und jetzt auch ganz anders lebe."
Außerdem: "Meine Großmutter hat uns Frauen in ihrem Tagebuch indirekt eine Art Rezept für die Liebe hinterlassen: 'Hör nie auf, an die Liebe zu glauben.' Das hat mir in einer schwierigen Situation sehr geholfen. Insofern ist das für mich ein Happy End, und ich selber konnte meiner Oma - ähnlich wie im Buch - den Herzenswunsch erfüllen, einmal im Leben ans Meer zu fahren".
Infos: www.peggy-patzschke.de
Peggy Patzschke auf der Buchmesse - und Ihr könnt ihren Roman "Bis ans Meer" gewinnen

Peggy Patzschke stellt ihr Buch im Rahmen der Leipziger Buchmesse (27. bis 30. März) vor. Die Termine sind:
- 27. März/15 Uhr, Leipzig: Talk & Lesung auf der Literaturbühne von ARD/ZDF/3sat zur Buchmesse Leipzig.
- 27. März/19 Uhr, Schönefeld: Lesung bei "Leipzig liest" im Kulturgut/Schloss Schönefeld.
- 28. März/14 Uhr, Leipzig: Lesung in Buchhandlung Hugendubel zur Leipziger Buchmesse.
Wir verlosen dreimal den Roman "Bis ans Meer" (Rütten & Loening | Aufbau Verlage) von Peggy Patzschke. Du möchtest am Gewinnspiel teilnehmen? Dann schick uns einfach eine E-Mail an gewinnspiel@tag24.de, Stichwort/Betreff: "Buch".
Einsendeschluss ist Mittwoch, der 26. März 2025. Bitte unbedingt Namen, Adresse und Telefonnummer angeben! Wir wünschen viel Glück!
Titelfoto: Bildmontage: privat