Diese Helikopter-Bilder zeigen, wie es in Leipzig zum "Tag X"-Kessel kam
Leipzig - Knapp drei Wochen nach der Einkesselung von rund 1000 Teilnehmern der "Tag X"-Proteste hat die Polizei den Einsatz aufgearbeitet. Anhand umfangreicher Videodokumente aus Polizeihubschraubern, von Einsatzhundertschaften und Twitter-Kanälen erklärte Leipzigs Polizeipräsident René Demmler (51) am gestrigen Donnerstag im Innenausschuss des Landtages, wie es am 3. Juni zum umstrittenen Kessel kam.
Die Videos aus den Bordkameras zeigen eine große Menschenmenge in der Leipziger Südvorstadt, die gegen 18 Uhr plötzlich in Bewegung gerät. Flankierende Bilder vom Boden zeigen schwarz vermummte Mobs, die Polizisten mit Steinen, Pyrotechnik und Brandsätzen bewerfen.
"Und zwar von allen Seiten", erklärte Demmler bei einer Vorab-Präsentation vor Journalisten. Ein Polizeifahrzeug, in dem noch Beamte saßen, hätten die Chaoten versucht anzuzünden.
Kurz darauf begann die vor allem von links kritisierte Polizeiaktion. Laut Demmler seien die eingesetzten Hundertschaften zunächst nur angerannt, ohne Gewalt anzuwenden.
Dokumentiert sind zudem mehrere Lautsprecherdurchsagen, wo Polizisten Unbeteiligte und Schaulustige auffordern, sich von Gewalttätern zu distanzieren und das Areal zu verlassen.
Erst danach, so Demmler, hätten sich die Polizeireihen am Heinrich-Schütz-Platz zusammengezogen. Für Unbeteiligte wäre aber auch da noch genügend Zeit gewesen, den Platz rückwärtig zu verlassen, erklärte der Polizeichef.
Was die dem Innenausschuss präsentierten Aufnahmen auch zeigen: Ein Großteil der später eingekesselten Personen war vermummt.
Staatsanwalt und Kripo-Beamtin waren vermummt
"Wir sind zu dieser Zeit von 300 bis 400 Personen ausgegangen", sagte Demmler. Dass es tatsächlich 1043 waren, hätte sich erst viel später bei der von der Staatsanwaltschaft angeordneten Identitätsfeststellung ergeben.
Tatsächlich war auf Luftbildern der Polizeihubschrauber aufgrund des dichten Baumbewuchses auf dem Platz keine Personenzahl abschätzbar. Zudem sei die Kommunikation vor Ort nicht gut gelaufen, räumte Demmler ein.
Von den bis in die frühen Morgenstunden Id-behandelten Menschen kamen laut Polizei 38 Prozent aus Leipzig, 7 Prozent aus Sachsen, 51 Prozent aus anderen Bundesländern und 2 Prozent aus dem Ausland (30 Nationen).
Auch 87 Jugendliche und zwei 13-jährige Kinder seien in der Masse gewesen.
Mit Ausnahme der Kinder wurden gegen alle Personen Strafverfahren wegen des Anfangsverdachts des schweren Landfriedensbruchs eingeleitet. Gegen zwölf Verdächtige wurden Haftbefehle erlassen, die allerdings inzwischen allesamt gegen Auflagen ausgesetzt worden sind.
Am Donnerstag bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass der vor Ort agierende Bereitschaftsstaatsanwalt sowie eine ihm assistierende Kripo-Beamtin vermummt waren. Zum Zwecke des Eigenschutzes hätten beide ihre Gesichter verhüllt, erklärte die Behörde. Der für Staatsschutz-Sachen zuständige Jurist soll in der Vergangenheit bedroht worden sein.
Titelfoto: Bildmontage: Alexander Bischoff, xcitepress/Benedict Bartsch