Randale-Nacht in Leipzig-Connewitz: Polizei bereitet sich auf weiteren Demo-Abend vor
Leipzig - Erneut ist es in Leipzig bei einer Demonstration zu Angriffen auf die Polizei gekommen (TAG24 berichtete). Am Freitagabend flogen Steine auf Beamte und Fahrzeuge. Eine dreiviertel Stunde lang herrscht Ausnahmezustand.
Vermummte warfen laut Polizei Pflaster- und Ziegelsteine auf einen Polizeiposten und eintreffende Einsatzkräfte, Mülltonnen wurden angezündet und brennende Barrikaden auf die Schienen der Straßenbahn gelegt. "Es gab einen massiven Steinbewurf auf unsere Einsatzkräfte und Fahrzeuge", berichtete Polizeisprecherin Dorothea Benndorf.
Ersten Erkenntnissen nach, wurden acht Beamte leicht verletzt. Sechs Polizeifahrzeuge wurden beschädigt. Festnahmen gab es zunächst keine. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Hintergrund der nicht angemeldeten Demo waren Hausbesetzungen in der Stadt. In der Woche war eine Besetzung eines leerstehenden Hauses im Leipziger Osten durch die Polizei beendet worden. Am Freitagnachmittag wurde über Twitter eine weitere Besetzung im Stadtteil Connewitz gemeldet. Auch dort war die Polizei am Nachmittag im Einsatz.
Bereits am Donnerstag hatte es in Leipzig eine Demo gegeben, aus der heraus Polizisten attackiert wurden (TAG24 berichtete).
Ausschreitungen in Connewitz: Steine auf Polizeiposten, Brände in den Straßen
Zu der Spontandemo hatten sich ungefähr 100 Menschen versammelt - nahezu alle schwarz gekleidet und vermummt. Es flogen Böller und Raketen, dann setzte sich der Aufzug in schnellem Schritt in Richtung einer Polizeistation in Bewegung. Dabei wurden Anti-Polizei-Parolen gerufen. Gegen die Scheiben des Polizeipostens flogen Steine.
Die Polizei verstärkte daraufhin die Zahl ihrer Einsatzkräfte. Die Beamten wurden in mehreren Straßen mit Steinen und Flaschen beworfen. Zwei Polizeiwagen fuhren aufeinander auf, was von den Steinewerfern mit höhnischem Gejohle quittiert wurde. Der heftige Gewaltausbruch dauerte etwa eine Dreiviertelstunde. Danach beruhigte sich die Lage. Die Polizei setzte auch einen Hubschrauber ein.
Die Feuerwehr musste mehrere kleinere Brände löschen. Anwohner halfen zum Teil dabei, die Barrikaden aus Verkehrsschildern und brennenden Mülltonnen von den Straßen zu räumen. Einige riefen den Randalierern zu, dass sie aus Connewitz verschwinden sollen. In dem Stadtteil gibt es immer wieder Ausschreitungen. In der Silvesternacht hatten Randale für Entsetzen, aber auch Kritik am Polizeieinsatz gesorgt.
Über das gesamte Wochenende könnte es in Leipzig weitere Unruhe geben. Verschiedene Gruppen haben bis zum Sonntag in Connewitz zu Veranstaltungen zum Thema Gentrifizierung, Häuserkampf, Vernetzung, Befreiung von Kapitalismus und Kapital aufgerufen. Für Samstagabend war eine weitere Demonstration angemeldet worden.
UPDATE, 10.35 Uhr: Polizei wertet Spuren aus
Nach Ausschreitungen bei einer Demonstration am Freitagabend in Leipzig hat die Polizei mit der Spurensicherung begonnen.
Polizeibeamte sammelten nach der Demonstration Steine ein, mit denen Demonstranten Polizeifahrzeuge beworfen hatten. Die Steine wurden in Plastiktüten verpackt und zur Auswertung mitgenommen.
Polizeiangaben zufolge waren bei der Demonstration acht Beamte leicht verletzt worden. Zur Schadenshöhe lagen am Samstagmorgen noch keine näheren Informationen vor.
UPDATE, 10.55 Uhr: Polizei bereitet sich auf weiteren Demo-Abend vor
Nach zwei Krawallnächten in Folge bereitet sich die Polizei in Leipzig auf einen weiteren Einsatz vor. Für den Samstagabend sei im Stadtteil Connewitz eine Demonstration unter dem Motto "Kämpfe verbinden - Für eine solidarische Nachbar*innenschaft" angemeldet, teilte die Polizei mit.
Nach Angaben der Stadt wurden dafür 100 Teilnehmer angekündigt.
UPDATE, 14.25 Uhr: Sachsens Innenminister äußert sich zu Ausschreitungen
Nach den Krawallen in Leipzig hat Sachsens Innenminister Roland Wöller angekündigt, sich für schärfere Strafen bei Gewalt gegen Polizisten einzusetzen. Die jüngsten Vorgänge zeigten, dass es nur noch um rohe Gewalt gegen Menschen und Sachen gehe, erklärte der CDU-Politiker am Samstag. "Insbesondere gezielte Angriffe auf Polizeibeamte haben ein unerträgliches Ausmaß erreicht und sind nicht hinnehmbar." Es müsse jedem klar sein, dass in einer Demokratie Protest nur friedlich sein kann.
Sachsen habe bereits auf der Innenministerkonferenz im Frühjahr für schärfere Strafen votiert. Bei einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte liegt das Mindeststrafmaß derzeit bei drei Monaten. Wöller sprach sich dafür aus, es auf sechs Monate heraufzusetzen.
UPDATE, 14.30 Uhr: Ob Jung verurteilt Randale
Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (62) verurteilt die Krawalle nach Hausbesetzungen in der Stadt "aufs Schärfste".
Die Debatte um bezahlbaren Wohnraum habe mit den Besetzungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen einen schweren Rückschlag erlitten, erklärte der SPD-Politiker am Samstag.
"Man schafft keinen Wohnraum, indem man Polizisten angreift und Barrikaden anzündet", so Jung.
Titelfoto: privat