Polizei ermittelt gegen mehr als 1300 Personen nach dem "Tag X": "Unverhältnismäßiges Vorgehen!"
Leipzig - Rund drei Monate nach dem linksradikalen "Tag X" in Leipzig ermittelt die Polizei gegen 1323 Menschen. Diese Zahl nannte das sächsische Innenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Juliane Nagel (44), wie die Politikerin am Freitag mitteilte. Gegen die Beteiligten werde wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs ermittelt.
Nagel erfragte auch das Alter der Menschen, die am 3. Juni nach der Auflösung einer Demonstration in Leipzig von der Polizei eingekesselt worden waren.
Demnach waren 941 der Betroffenen älter als 21. Bei 276 wurde ein Alter von 18 bis 20 erfasst, 104 waren Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren. Zudem waren zwei strafunmündige Unter-14-Jährige im Polizeikessel gelandet.
Von den Verdächtigen wurden nach Angaben des Innenministeriums 383 Mobiltelefone beschlagnahmt. Zudem stellte die Polizei 133 Vermummungsgegenstände und elf pyrotechnische Erzeugnisse sicher.
Diese Zahlen sprächen "immer eindeutiger für ein absolut unverhältnismäßiges Vorgehen" gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten, kritisierte Nagel.
Es sei zudem ein Skandal, dass die Betroffenen ihre Sachen, insbesondere die Telefone, bislang noch nicht zurückbekommen hätten.
Demonstranten harrten teils elf Stunden im Polizeikessel aus
Der Leipziger Polizeipräsident hatte den Großeinsatz am "Tag X" als rechtmäßig verteidigt, zugleich aber Handlungsbedarf eingeräumt.
Problematisch sei unter anderem gewesen, dass die Polizei die Zahl der Eingekesselten erheblich unterschätzt habe. Es dauerte ungefähr elf Stunden, bis die letzten Menschen das Areal in einem kleinen Park verlassen konnten.
Der "Tag X" sollte eine Reaktion der linken Szene auf das Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. am 31. Mai sein.
In Leipzig war es an drei verschiedenen Tagen zu Ausschreitungen gekommen. Die eigentliche Demo am 3. Juni, für die bundesweit mobilisiert worden war, war von der Stadt Leipzig verboten worden.
Eine andere Demonstration mit einem anderen Motto war zunächst erlaubt geblieben. Im Zusammenhang damit kam es dann zu dem Polizeikessel.
Titelfoto: Robert Michael/dpa