Leipzig - Sächsische Ermittler haben einen Riesenbetrug mit Nachlässen Verstorbener aufgedeckt. Im Mittelpunkt: ein Leipziger Erbenermittler, der über Jahre große Bargeldbeträge aus Erbschaften für sich abgezweigt haben soll - laut Staatsanwaltschaft mehr als 1,6 Millionen Euro! Jetzt klickten die Handschellen.
Wenn Nachlassgerichte und die von ihnen beauftragten Nachlasspfleger keine Erben finden, dann kommen sie ins Spiel: Erbenermittler, die in Verzeichnissen und Kirchenbüchern nach den Nachkommen von Verstorbenen suchen.
Ein lukrativer Job - zwischen 25 und 30 Prozent der Erbsumme streichen die Privatermittler in der Regel als Provision ein.
Ralf H. (65) war in Sachsen einer der bekanntesten Erbenfahnder. Und einer der berüchtigtsten. Wie die Staatsanwaltschaft erst am Freitag mitteilte, wurde der aus dem oberbayrischen Türkenfeld stammende Kaufmann bereits im September in Österreich festgenommen.
Begleitet wurde die Festnahme von Razzien an seinen Wohn- und Bürositzen in Leipzig, München, in der Steiermark sowie im slowenischen Ferienort Piran.
Ende Oktober wurde er ausgeliefert und sitzt seither in U-Haft.
Der ungeheuerliche Vorwurf: Ralf H. soll von ihm ermittelte Erben in 29 Fällen um mindestens 1,6 Millionen Euro betrogen haben. Auch seine Lebensgefährtin, die Leipzigerin Mirijam J. (50), steht im Verdacht, an den Betrügereien beteiligt gewesen zu sein.
Behörden wussten seit 2017 Bescheid
Und so lief den Ermittlungen zufolge das miese Geschäft: Hatte die Firma von Ralf H. in einem Nachlass-Fall Erben ermittelt, ließ er sich von diesen eine Vollmacht zur Erteilung des Erbscheins und oft auch zur kompletten Abwicklung der Erbangelegenheit nebst Immobilienverwertung ausstellen.
Mit der Vollmacht soll er dann hohe Bargeldbeträge aus dem Nachlass von der Bank abgehoben und diese einfach für sich behalten haben.
Um die Wege des Geldes zu verschleiern, wechselte der gelernte Kfz-Mechaniker immer wieder seine Firmensitze (Cottbus, Leipzig, Hamburg, München), firmierte ganz um oder gründete neue Gesellschaften im In- und Ausland, unter anderem im US-Staat Wyoming.
Noch vor den staatlichen Ermittlern hatte 2023 ein Team der TV-Sendung "Achtung Abzocke" (Kabel 1) den mutmaßlichen Betrüger in Slowenien aufgespürt und über seine Masche berichtet.
Wie geprellte Erben dort berichteten, stellten sie bereits 2017 Strafanzeige gegen Ralf H. - doch jahrelang reagierten die Behörden nicht. Erst sieben Jahre später wurde dem mutmaßlichen Erbschleicher nun das Handwerk gelegt.