Betrog ein Landarzt die Krankenkassen um Millionen?
Leipzig - Seit mehr als sieben Jahren ermittelt die Leipziger Staatsanwaltschaft gegen ein Netzwerk von Ärzten aus dem Umland der Messestadt Leipzig, die bei der Abrechnung medizinischer Leistungen die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) in Größenordnungen betrogen haben sollen. Am Donnerstag begann am Landgericht der erste Prozess. Es geht um 2,17 Millionen Euro.
Schmerztherapeut Dr. Andreas S. (54) gehört zu einer angesehenen Mediziner-Dynastie, die sein Vater zu DDR-Zeiten begründete. Er betreibt eine große Praxis, sowie eine Niederlassung.
Seit 2016 steht der Mediziner im Visier der Staatsanwaltschaft. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch die KVS, die immer wieder Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungen festgestellt hatte.
Seit Donnerstag steht der Doktor vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts - angeklagt wegen gewerbsmäßigen Betruges in 17 Fällen und Urkundenfälschung.
Laut Anklage soll er zwischen Januar 2014 und März 2018 medizinische Leistungen im Gesamtwert von 2,47 Millionen Euro abgerechnet haben, obwohl diese weder von ihm selbst noch von den in den Abrechnungen angegebenen Ärzten erbracht wurden.
Stattdessen sollen nichtärztliche Angestellte und Weiterbildungs-Assistenten die Behandlungen vorgenommen haben. Im Eröffnungsbeschluss korrigierte die Kammer die Schadenssumme auf 2,17 Millionen Euro.
Mediziner weisen sämtliche Betrugs-Vorwürfe zurück
Und so soll der Betrug gelaufen sein: Laut Anklage rechnete Andreas S. die Leistungen über die Arztnummern (LANR) von Kollegen ab, die in den genannten Zeiträumen gar nicht für seine Praxen tätig, längerfristig krank oder nur zum Schein angestellt waren.
Letzteres soll auf den pensionierten Allgemeinmediziner Dr. Werner T. (82) zutreffen, der dafür monatlich pauschal 2000 Euro erhalten haben soll. Er ist wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt.
In einer Verteidiger-Erklärung ließen die Mediziner sämtliche Betrugs-Vorwürfe zurückweisen.
Die Leistungen seien ja schließlich erbracht worden, argumentierten die Anwälte und bewerteten die Abrechnungspraxis als legal. Die Kammer hat Verhandlungstage bis Mai anberaumt.
Titelfoto: Jan Woitas/ZB/dpa