Bauprojekt Wilhelm-Leuschner-Platz: Markthalle steht, am Klimaschutz hakt es
Von Anke Brod
Leipzig - Der Bebauungsplanentwurf für den Wilhelm-Leuschner-Platz wurde aufgepeppt. Ein Gutachten befürwortet nun eine Markthalle. Neben dem bereits geplanten Leibniz-Institut für Länderkunde sollen auf der City-Grünbrache weiter die Juristische Fakultät und das Forschungsinstitut "Global Hub" der Universität entstehen. Ferner ist ein "Forum Recht" vorgesehen, und bei alledem wurde der Baustein "Wohnen" aufgestockt. In ökologischer Hinsicht ist gar von einem "Klimaschutzquartier" die Rede.
"Das Vorhaben ist ein Kompromiss zwischen kultureller, wissenschaftlicher Nutzung, Handel und Wohnen", freute sich Oberbürgermeister Burkhard Jung (62, SPD) in der Pressekonferenz am Montag.
So lasse sich der Bebauungsplan gut zur Abstimmung am 24. März im Rat vorlegen. Die Wohnfläche auf der Brache erhöht sich demnach von 16.000 auf 22.300 Quadratmeter.
"Vor allem im südlichen Teil zur Windmühlenstraße hin, dem Übergang zur Südvorstadt, hat sich das auf 80 Prozent erweitert", sagte Baubürgermeister Thomas Dienberg.
Auch werde darauf verzichtet, im mittleren Baufeld wesentliche Teile der Kernverwaltung der Stadt unterzubringen. Dafür entstehe ein Wohnflächenplus von zehn Prozent.
Das ermögliche indes den "Global Hub". Das 5000 Quadratmeter große Forschungsinstitut für Globalisierungsprozesse ist für das südliche Baufeld vorgesehen.
Neben Wohnen und Forschen: Platz reicht noch für Kultur und Musik
Summa summarum bietet das neue Quartier planerisch in der neuen B-Plan-Version sogar noch Freiflächen für Musik, Soziokulturelles oder Bildung, wie zum Beispiel für eine Volkshochschule.
Mit einer neuen Markthalle wollen die Verantwortlichen keine Konkurrenz zum Wochenmarkt am Alten Rathaus schaffen. Nach Händlerbefragung sei eben das nicht zu befürchten. Dazu sagte Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke: "Es geht um eine sinnvolle Einbeziehung."
Architektur und Betreibungsart müssten sich vom Wochenmarkt abheben, zum Beispiel durch Gastronomie. Laut Gutachten könnte die Markthalle vorzugsweise 18 Innen- und drei Außenstände beherbergen.
Stadtsprecher Matthias Hasberg erklärte den künftigen Klimaschutz: Man wolle begrenzte Autostellplätze. Er sprach ferner von Verbesserungen bei Baumanzahl und -qualität. Zudem würden Strauchflächen eingeplant, dazu Dachbegrünungen sowie Bodendecker auf der Tiefgarage. Photovoltaikanlagen und Artenschutzmaßnahmen kämen hinzu. Erstrebenswert seien neben dem Erhalt von Bestandsbäumen Neupflanzungen großkroniger Sorten.
Man favorisiere ferner Holzbauten und das "Element Wasser" - hierbei etwa Vorort-Versickerungen von 50 Prozent Regenwasser.
Wermutstropfen für Wilhelm-Leuschner-Platz: 17 Vogelarten weg!
Dem Leipziger Naturschutzbund (NABU) waren allerdings die massiven Gehölzrodungen Ende Januar zwischen Brüder- und Windmühlenstraße ein Dorn im Auge. Der Bund ging bei der Stadt in Widerspruch.
Per Eilverfahren hatte der NABU weitere Fällungen stoppen lassen. Die Naturschützer fühlten sich von der Stadt überrollt und sahen die grüne City-Oase als "Platz der biologischen Vielfalt" in Gefahr.
Karsten Peterlein (44) vom NABU berichtete, der Wilhelm-Leuschner-Platz sei Brutstätte für 17 Vogelarten. Und: Nach fachlicher und juristischer Interpretation des Bundesnaturschutzgesetzes müssten Ersatzpflanzungen rechtzeitig vor Rodungen erfolgen.
Auf Nachfrage von TAG24 erklärte Thomas Dienberg: "Die Stadt hat sich nichts vorzuwerfen".
Im Vorfeld habe es ein Artenschutzgutachten gegeben, die Vogelpopulation auf dem Leuschner-Platz stünde nicht unter Schutz. Mit dem NABU-Widerspruch befasse sich gerade das Amt für Stadtgrün und Gewässer. Der Baubürgermeister hofft nun auf ein gemeinsames Gespräch zwischen der Stadt Leipzig, dem NABU und dem Institut für Länderkunde, um einen Klageweg zu vermeiden.
Karsten Peterlein vom NABU sagte TAG24: "ALLE europäischen Vogelarten sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt. Aufgrund dieses Status hätten sie niemals vom Wilhelm-Leuschner-Platz vertrieben werden dürfen. Das war komplett illegal".
Titelfoto: Anke Brod