DDR-Komiker Eberhard Cohrs: Diese Frau gedenkt ihm noch heute
Von Thomas Gillmeister
Dresden/Leipzig - Er trug die sächsische Seele auf der Zunge: Eberhard Cohrs. Noch heute sind die Sketche und Lieder des Dresdner Star-Komikers beliebt. Dafür sorgt auch Petra Horn (65). Die Tochter aus Cohrs Leipziger Liaison hält die Erinnerung an ihren berühmten Vater wach.
Ein Klassiker vom Komiker: "Jetzt kommen sie mit dieser Potenzpille Viagra. Ich hatte eine. Die ist mir in die Toilette gefallen. Da kam der Deckel von alleene hoch." Der 1,56 Meter kleine Entertainer füllte riesige Hallen und unterhielt das Publikum mit seinem volkstümlichen Humor. Sein Geheimnis: die große Gusche. Mit ihr eroberte er über Jahrzehnte ein Millionenpublikum.
Eberhard Cohrs verkörperte den Mann von nebenan auf der Suche nach dem Quäntchen Glück. Dafür wurde der am 4. Januar 1921 in Dresden Geborene vom Publikum geliebt und vergöttert. Kleine Brötchen zu backen, war nicht das Ding des gelernten Konditors. Er wollte auf die Bühne!
Mit Mitte 20 trat er schon als staatlich geprüfter Komiker in Varietés auf. Weil ihm Dresden damals zu eng wurde, zog er nach Leipzig. Dort traf er auf einen seiner größten Fans: die Verkäuferin Lieselotte. Mit ihr begann er eine Liebesbeziehung, aus der 1955 Petra hervorging.
Während sich das recht ungleiche Paar Ende der 1950er-Jahre trennte, hielt die Verbindung zwischen dem Komiker und seiner Leipziger Tochter ein Leben lang.
Flucht in den Westen: Ebs Cohr kehrte nach Gastspiel nicht zurück nach hause
Die Ferien verbrachte sie regelmäßig in seinem Haus am Scharmützelsee bei Berlin.
Ab und zu nahm der stolze Papa seine Petra mit zu Gastspielen. "Da saß ich dann meist in der ersten Reihe und schaute Vater zu, wie er innerhalb kürzester Zeit hunderte, ja Tausende Leute zum Lachen brachte", blickt die Tochter nostalgisch zurück.
Eberhard Cohrs wurde einer der erfolgreichsten Komiker der DDR. Er zog mit dem eigenen Bühnenprogramm "Hallo Eberhard" durch die Lande, trat in unzähligen Fernsehshows auf, spielte in Filmen und im Theater.
1977 kehrte er nach einem Gastspiel vor Beschäftigten der Westberliner S-Bahn nicht mehr in die DDR zurück. "Ich habe davon aus der Zeitung erfahren", sinniert Petra Horn.
"Vater hielt sein Vorhaben natürlich geheim. Aber wenige Tage vorher schüttete er mir noch sein Herz aus und beklagte sich, dass immer mehr Texte über Versorgungsmängel und Alltagsprobleme gestrichen wurden und ein Berufsverbot droht." Die damals 21-Jährige klebte regelrecht am Bildschirm, als ihr Vater den ersten West-Fernsehauftritt nach der Flucht in Rudi Carells Show "Am laufenden Band" hatte.
Aber die Zuschauer verstanden kein Sächsisch. Und so wurde aus dem einst gefeierten Star ein trauriger Clown, der sein Geld nun überwiegend als Gagschreiber und Schauspieler verdiente.
Gedenken mit Kerze: Tochter Petra gedenkt dem Komiker
Nur wenige Wochen nach dem Fall der Mauer gab es bei einem Auftritt in Sachsen das lang ersehnte Wiedersehen zwischen Eberhard Cohrs und seiner Tochter.
"Wir waren zwar 13 Jahre getrennt, doch das änderte nichts daran, dass wir uns noch immer traumhaft gut verstanden und den gleichen Humor hatten", denkt Petra Horn zurück. Das treue Publikum verzieh dem Komiker die Flucht und lachte nun wieder über den Ur-Sachsen.
Als er durch eine Krebserkrankung am 17. August 1999 für immer verstummte, verlor die Sekretärin nicht nur ihren berühmten Vater, sondern auch einen Vertrauten.
Während einer Seebestattung nahm sie von ihm Abschied. Am Sonntag wird sie vor einem großen Foto von ihm, das im Wohnzimmer steht, eine Kerze anzünden.
Und dann schaut sie sich die berühmten Sketche an, hört Schallplatten und erinnert sich so an ihren geliebten Kleenen mit der großen Gusche.
Titelfoto: Picture Point/Kerstin Dölitzsch, privat