Wer seine (Ex-)Partnerin tötet, kommt milder davon als bei jedem anderen Mord!
Bochum - Werden Frauen von ihrem aktuellen oder ehemaligen Partner umgebracht, fallen die Strafen milder aus als für andere Tötungsdelikte - zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Sozialwissenschaftlerin Julia Habermann.
Dazu hat Habermann im Rahmen ihrer Dissertation mehr als 470 Verurteilungen aus bundesweiten Strafprozessen analysiert, in denen ein Täter wegen vollendeten Mordes oder Totschlags nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde. 154 von ihnen hatten ihre ehemalige oder aktuelle Partnerin getötet.
"Im Vergleich wurden diese Täter seltener wegen Mordes verurteilt", berichtet Habermann, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum tätig ist.
Bei Partnerinnentötungen seien die sonstigen niedrigen Beweggründe als Mordmerkmal von zentraler Bedeutung. Diese könnten sich im Kontrollverhalten und den Macht- und Besitzansprüchen der Täter gegenüber ihren Opfern spiegeln.
"Erkennt man diese in der Tat, kann die Partnerinnentötung als Mord aus sonstigen niedrigen Beweggründen verurteilt werden", erklärt die Sozialwissenschaftlerin.
Tatsächlich werde als Motivation des Täters aber oft festgestellt, dass er verzweifelt gewesen sei und sich in einer ausweglosen Situation befunden habe, wenn die Partnerin sich von ihm getrennt hatte. "In der Folge werden die Taten nicht als Mord bewertet."
Femizide in Deutschland: Nötig sind keine Gesetzesänderungen, sondern Wissensvermittlung!
Aus Habermanns Sicht sollten die Gerichte bei Partnerinnentötungen daher stärker die zentralen Aspekte Macht, Besitz und Kontrolle berücksichtigen. Besonders vorausgegangene Gewalt und kontrollierende Verhaltensweisen seien wichtige Risikofaktoren, die mehr in den Fokus gerückt werden müssten.
Das Tötungsdelikt sei regelmäßig deren Fortsetzung. "Sehr viele dieser Taten ereignen sich entweder nach einer vollzogenen Trennung oder vor einer angekündigten Trennung. Es gibt eine gewisse Vorgestaltung der Tat", erläutert Habermann.
Nötig seien keine Gesetzesänderungen, sondern Wissensvermittlung, so Habermanns Schlussfolgerung.
"Der Unrechtsgehalt der Partnerinnentötung muss angemessen im Verhältnis zum Unrechtsgehalt anderer Taten bewertet werden und dafür braucht man Wissen zu geschlechtsbasierter Gewalt."
Titelfoto: Moritz Frankenberg/dpa