Vermisste Rebecca Reusch aus Berlin: Ex-Freundin des Schwagers erhebt schwere Vorwürfe
Berlin - Der mysteriöse Fall machte bundesweit Schlagzeilen: Vor fast zwei Jahren verschwand die damals 15-jährige Rebecca Reusch aus Berlin spurlos. Ihr Schwager gilt weiterhin als Hauptverdächtiger - obwohl ihm die Tat bis heute nicht nachgewiesen werden konnte. Nun hat eine angebliche Ex-Freundin von Florian R. schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben.
In dem investigativen Podcast "Im Dunkeln - Der Fall Rebecca Reusch" geben die Journalistinnen Miriam Arndts und Lena Niethammer die Aussagen einer Frau namens Angie wieder, die sie bereits zuvor im Rahmen der Ermittlungen gegenüber den Behörden getätigt habe.
"Es gab nicht nur die tollen Zeiten, ihm ist öfter mal die Hand ausgerutscht, er ist fremdgegangen, aber das habe ich alles übersehen, da er mein erster Freund war", wird Angie in dem Podcast-Bericht zitiert, die seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Ex-Freund Florian R. habe. Nach einem halben Jahr Beziehung sei die Stimmung gekippt.
Florian R. sei handgreiflich geworden und habe sie geschlagen – erstmals im Sommer 2008, als die Familie des Schwagers im Urlaub gewesen sei.
"Da hat er mich eingesperrt, weil ich nicht einkaufen gehen sollte", führt Angie aus. "Und als ich mich dagegen gewehrt habe, hat er mir ins Gesicht geschlagen, mich aufs Bett geschmissen und ist selbst einkaufen gegangen", erinnert sich Angie an das übergriffige Verhalten. Es sei auch zu sexueller Gewalt gekommen, weitere Angaben machte sie zunächst nicht.
Laut der jungen Frau ist es im Anschluss immer wieder zu Gewaltausbrüchen gekommen. "Jedes Mal, wenn wir Streit hatten und er gemerkt hat, dass er im Unrecht ist oder er gemerkt hat, dass er keine Argumente mehr hat", schildert Angie weiter.
"Er wollte mich fesseln, aber ich konnte mich wehren. Es ist zwei, dreimal passiert." Erst als die junge Frau mit der Polizei drohte, habe er davon abgelassen. Was in Florian R. vorging, ist nicht bekannt.
Beweise für die Anschuldigungen hat Angie nicht. Keine Fotos, keine Arztberichte. Angezeigt habe sie Florian R. nie. Der Grund: Sie habe sein Verhalten und die häusliche Gewalt damals als normal in einer Beziehung wahrgenommen.
Er wurde demnach nie von einem Gericht dafür verurteilt. Angie betont den Angaben nach mehrfach, dass sie nicht glaube, dass Florian R. der Vermissten etwas angetan haben könnte.
Wurde Rebeccas Schwager gewalttätig? "Ihm ist öfter mal die Hand ausgerutscht"
Angie habe mit ihrer Stiefschwester Sonja über Gewalt in der Beziehung gesprochen. Geglaubt habe Sonja ihr aber nicht.
Sonja zeichnet demnach ein anderes Bild von Florian R., wie aus ihren Erzählungen hervorgeht. "Damals war er einer, der gut feiern konnte, der Stimmung gemacht hat", sagt sie den Journalistinnen.
Sonja beschreibt ihn als friedfertigen und fleißigen "Kumpeltyp", der nicht auf Streit aus gewesen sei, sondern ihm aus dem Weg ging.
Niemals habe sie gesehen, dass der gelernte Koch die Hand gegen seine damalige Freundin erhob. Vielmehr wirft sie der nach ihrer Einschätzung aggressiven Angie vor: "Sie nimmt es tatsächlich mit der Wahrheit teilweise nicht ganz so genau."
Die Situation ist verzwickt: zwei Frauen, ein Mann, unterschiedliche Geschichten. Unklar ist, welche Aussagen stimmen.
Laut Sonjas Schilderungen hatten Florian R. und sie bis 2014 eine Affäre, als er noch mit Angie zusammen war – bis Sonja ihren neuen Freund kennenlernte. Sonja habe seitdem keinen Kontakt mehr zu dem Schwager.
Sonja ist sich sicher: Florian R. hat mit dem Verschwinden der heute 17-jährigen Schülerin nichts zu tun. Laut ihrer Einschätzung hat die Polizei den damals 27-Jährigen vorverurteilt und ist bei Befragungen nicht an entlastenden Aussagen interessiert gewesen.
Auch weitere Ex-Freundin von Florian R. berichtet von Gewalt in der Beziehung
Auch eine weitere Ex-Freundin äußert sich in dem Podcast, die als Jugendliche ein knappes Jahr mit Florian R. liiert gewesen sei. Sie berichtet von schleichender Gewalt in der Beziehung. Immer wieder habe Florian R. sie "grün und blau" geprügelt.
Zudem soll er sie damals einmal die Treppe heruntergetreten haben. Nach 14 Jahren wühlen die Geschehnisse die Frau, die anonym bleiben will, den Angaben nach noch immer innerlich auf.
Auch ihr habe zunächst niemand geglaubt. Das habe ich sich erst 2012 bei einer zufälligen Begegnung geändert. Auf einer Party von Freunden soll Florian R. zugegeben haben, ihr gegenüber gewalttätig geworden zu sein – die Aussage fiel beim Flaschendrehen.
Florian R. wollte sich bislang nicht auf Nachfrage der Journalistinnen zu den Vorwürfen der beiden Ex-Freundinnen äußern.
Rückblick: Nach dem Verschwinden Rebeccas war der Schwager zweimal festgenommen worden, saß zwischenzeitlich in Untersuchungshaft, kam aber wegen mangelnden Beweisen wieder auf freiem Fuß.
Sein Auto war am Tag des Verschwindens und am folgenden Tag auf der Autobahn zwischen Berlin und Polen erfasst worden (TAG24 berichtete).