Seit Jahren vermisste Rebecca Reusch: Haben Berliner Behörden geschlampt?
Berlin - Kaum ein anderer deutscher Vermisstenfall ist so bekannt wie der von Rebecca Reusch. Im Visier der bereits seit fünf Jahren andauernden Ermittlungen steht ein nahes Familienmitglied: Rebeccas Schwager. Doch laut einem Behörden-Insider soll es "möglicherweise entscheidende Vernachlässigungen im Zuge der Ermittlungen" gegeben haben.
Das damals fünfzehnjährige Mädchen übernachtete am 18. Februar 2019 bei ihrer älteren Schwester in Berlin-Buckow. Am darauffolgenden Morgen verlor sich ihre Spur bis heute.
Schwager Florian wies darauf hin, dass mithilfe von Handy-Daten festgestellt werden könne, ob Rebecca das Haus verlassen habe. Den Ermittlern zufolge sei das bislang jedoch nicht möglich gewesen.
Das habe den Insider-Polizisten zum fünften Jahrestag ihres Verschwindens stutzig gemacht. Er habe nachgeforscht und "IPPEN.MEDIA" Einsicht in brisante Mails der Behörden gegeben, wie Merkur am Donnerstag berichtete.
Der "Polizist aus Überzeugung" wirft seinen Kollegen aus Berlin vor, dass sie drei Jahre gebraucht hätten, um Einsicht in die notwendigen Handy-Daten von Google zu erhalten, um ihre Spur nachverfolgen zu können.
Rebecca Reusch: Ermittlungen zu langsam?
Demnach sollen die zuständigen Ermittler erst im Herbst 2020 "Google Europa" in Dublin mit einem Ermittlungsersuchen kontaktiert haben.
Von Interesse der Beamten seien dabei unter anderem Rebeccas Google-Kalender, eingetippte Suchanfragen, Sprachnotizen und von ihr aufgerufene Google-Seiten gewesen.
Doch es habe bis zum Frühjahr 2021 gedauert, bis Google einen aufwendig verschlüsselten USB-Stick mit den wichtigen Daten geliefert habe.
Weitere zwei Jahre seien bis zum Jahr 2023 verstrichen, bis die Decodierung der notwendigen Daten durch die Kriminaltechnik erfolgte.
Er wolle seine Kollegen wachrütteln und den Fokus auf den Kriminalfall schärfen, heißt es von dem Insider und er und bemängelt zudem, dass es zu wenig Personal gebe und es damit bei den Ermittlungen an Ressourcen mangeln würde.
Berlin: Insider-Polizist wird stutzig
"Das sind alles erschreckende Zeiträume. Ich frage mich, was die Kollegen da gemacht haben", so der Polizist über ein eventuelles Versäumnis der Ermittler.
Und weiter: "Gerade in einem solchen Fall, wo ein Mädchen das Haus nicht lebend verlassen hat. Solche Daten müssten schnellstmöglichst gesichtet werden."
Er habe daraufhin eine Anfrage per E-Mail an die Berliner Ermittler geschickt, warum die Standort-Daten und die Entschlüsselung des Google-Kontos noch nicht eingetroffen seien.
Der Polizei-Insider sei daraufhin vertröstet worden, dass alles Mögliche in die Wege geleitet sei. Einen Monat darauf habe er aus Medienberichten erfahren, dass die erforderlichen Dateien eingetroffen seien.
Womöglich hat er den Anstoß gegeben, um die Ermittlungen wieder in die richtigen Wege zu leiten und der vermissten Rebecca Reusch auf die Spur zu kommen.
Ob die Ermittler zu lange mit der Anfrage bei Google gewartet haben oder Google länger für die Beantwortung gebraucht hatte, ist nicht klar.
"Wir können uns zu laufenden Ermittlungsverfahren gegen Dritte nicht äußern", heißt es vom Internet-Riesen und auch die Staatsanwaltschaft Berlin gibt zum Schutze der laufenden Ermittlungen keine weiteren Informationen bekannt.
Titelfoto: Julian Stähle/dpa-Zentralbild/dpa, ---/Polizei Berlin/dpa (Bildmontage)