Initiative fordert: Warnsysteme bei akuten Vermisstenfällen von Kindern nutzen

Von Andreas Hummel

Chemnitz - Bei der Suche nach vermissten Kindern und Jugendlichen sollte die Polizei auch auf moderne Warnsysteme wie Nina, Katwarn oder Cell Broadcast setzen. Das fordert die Initiative Vermisste Kinder. Bisher verstreiche in solchen Fällen oft wertvolle Zeit, bis die Polizei per Pressemitteilung an die Öffentlichkeit trete, sagte Vereinsvorstand Lars Bruhns.

Die Warn-App Nina könnte bei der Suche nach verschwundenen Kindern und Jugendlichen helfen.  © Marijan Murat/dpa

In anderen Ländern würden solche Alarmsysteme, bei denen Menschen einer bestimmten Region eine Nachricht auf ihr Smartphone erhalten, auch bei Vermisstenfällen genutzt. Als Beispiele nannte Bruhns Polen, Frankreich und Belgien.

Laut Bundeskriminalamt werden jedes Jahr Tausende Kinder im Alter von bis zu 13 Jahren als vermisst gemeldet. 2023 waren es den Angaben nach rund 16.500. Die Aufklärungsquote habe in den vergangenen sechs Jahren bei 99,8 Prozent gelegen.

Doch immer wieder gibt es Fälle, die ein schlimmes Ende nehmen. Bruhns verwies auf die neunjährige Valeriia aus Döbeln. Sie war vergangenen Juni auf dem Schulweg verschwunden. Nach tagelanger Suche fand die Polizei ihre Leiche in einem Wald.

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In Chemnitz läuft derzeit der Mordprozess gegen einen 37-jährigen Moldauer, der sie in einem Schlammloch erstickt haben soll. Oder der Fall Inga. Das Schicksal des Mädchens ist bis heute ungeklärt. Sie verschwand 2015 im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt.

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Warn-Apps können Meldungen regional steuern

Trauer in Döbeln (Landkreis Mittelsachsen): Die neunjährige Valeriia soll von einem 37-jährigen Moldauer in einem Schlammloch erstickt worden sein. Moderne Warn-Apps hätten womöglich schneller zum Täter geführt.  © Robert Michael/dpa

Die Erfahrung zeige, dass die ersten 24 Stunden nach dem Verschwinden eines Kindes enorm wichtig seien, um Zeugen anzusprechen, erklärte Bruhns. "Dieses Momentum kommt nie wieder."

Angesichts dessen gebe es beim Vorgehen der Polizei bundesweit deutliche Schwächen. Es sei in der Regel nicht schnell und zielgerichtet genug. Moderne Alarmierungssystemen könnten die Meldungen dagegen regional gezielt steuern.

Allerdings sei dies nicht in jedem Vermisstenfall das Mittel der Wahl, betonte Bruhns. Vielmehr müssten klare Kriterien festgelegt werden. Genutzt werden sollten diese Systeme in Fällen, bei denen es um Leben und Tod gehe.

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Im Mordfall Valeriia hätte auch ein solches Alarmierungssystem wohl nicht das Leben des Kindes gerettet - aber vielleicht geholfen, die Leiche und damit auch Hinweise auf den Täter schneller zu finden.

Nach bisherigen Ermittlungen hatte das Mädchen am 3. Juni 2024 gegen 6.50 Uhr das Haus verlassen und sich auf den Weg zur Schule gemacht; nicht einmal eine halbe Stunde später soll sie in einem nahegelegenen Wald erstickt worden sein.

Auf die Anfrage zu einer Einschätzung zu dem Vorstoß der Initiative Vermisste Kinder sowie Vor- und Nachteile eines Einsatzes solcher Warnsysteme für Vermisstenfällen antwortet Sachsens Innenministerium knapp: "Die Nutzung der Warnsysteme des Bundes für polizeiliche Warn- und Gefahrenmeldungen wird weiterhin in der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern thematisiert", heißt es nur.

"Für 2025 ist eine Integration von polizeilichen Warnmeldungen in die Warn-App Nina vorgesehen."

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