Razzia im Erzbistum Köln! SPD-Fraktionschef wettert gegen Woelki - "die Schnauze voll"
Köln – Die Kölner Staatsanwaltschaft hat am heutigen Dienstag Objekte im Erzbistum Köln durchsucht. Jetzt fordert der SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott (49) drastische Konsequenzen.
Hintergrund des Einsatzes sind Meineid-Ermittlungen gegen Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki (66).
Ziel der Razzia war nach Angaben der Staatsanwaltschaft unter anderem die Sicherstellung von Dokumenten, die im Zusammenhang mit Äußerungen Woelkis stehen, in denen er Vorwürfen zufolge nicht die Wahrheit gesagt haben soll.
Mehrere Ermittler waren in ziviler Kleidung vor Ort. Demnach wurden mitunter Räume des Generalvikariats, des Offizialats und des Erzbischöflichen Hauses durchsucht.
Auch die Geschäftsräume des EDV-Dienstleisters, der den E-Mail-Verkehr des Erzbistums verwaltet, waren betroffen.
Neben Köln wurde auch in Kassel und Lohfelden (Hessen) je ein Objekt durchsucht, hieß es weiter. Die Razzien verliefen demnach ohne Zwischenfälle und trafen an den jeweiligen Orten weitgehend auf Kooperation.
Ermittlungen wegen des Verdachts des Meineides gegen Kardinal Woelki
Auch das Erzbistum bestätigte die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft. "Erfahrungsgemäß wird es geraume Zeit in Anspruch nehmen, bis das Ergebnis vorliegt. Bis dahin bitten wir die Öffentlichkeit, eine ergebnisoffene Untersuchung nicht zum Anlass zu nehmen, Vorverurteilungen auszusprechen", erklärte ein Sprecher.
Es ginge darum, einem Anfangsverdacht nachzugehen, wobei die Unschuldsvermutung gelte. Dem Beschuldigten werde in keiner Weise die aktive oder auch nur passive Vertuschung von oder gar Beteiligung an Missbrauchstaten zur Last gelegt, so der Sprecher.
Woelki soll den Beamten höchstpersönlich das Tor zu seiner Wirkungsstätte geöffnet haben. Gegen ihn laufen strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des Meineides und der falschen Versicherung an Eides statt.
Geklärt werden soll, ob Woelki von Missbrauchsvorwürfen gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz (†) gewusst hatte. Eine Privatperson hatte dem Kardinal in einer Strafanzeige vorgeworfen, in einer beeideten Aussage vor dem Kölner Landgericht im März unrichtige Aussagen gemacht zu haben. Woelki bestreitet dies.
Die Aus- und Bewertung der sichergestellten Beweismittel werde nun geraume Zeit in Anspruch nehmen, bestätigten die Ermittler. Insgesamt rund 30 Polizisten und vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälte seien an den Maßnahmen beteiligt.
SPD-Landtagsfraktionschef fordert drastische Konsequenzen für Woelki
Als Reaktion auf die Durchsuchungen hat SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott gefordert, Woelki in seinem Amt endlich abzulösen. "Das ist ein weiterer Akt in dieser traurigen Geschichte", sagte der Oppositionsführer im nordrhein-westfälischen Landtag am heutigen Dienstag der dpa in Düsseldorf.
Trotz Unschuldsvermutung bleibe das "Grundproblem, dass der Kölner Erzbischof innerhalb der katholischen Gemeinden für viel Verärgerung, Trauer, Wut, Verzweiflung sorgt, weil es keinen Neuanfang, keinen Aufbruch geben kann".
Der Vatikan und Woelki selbst müssten "den vielen katholischen Christen wirklich eine Erlösung bereiten" und endlich den Weg für einen Neuanfang freimachen, forderte Ott. Darüber hinaus müsse sich Papst Franziskus im Klaren sein, was für einen Erdrutsch die aktuelle Vertrauenskrise in vielen Gemeinden auslöse.
"Es sind insbesondere auch viele konservative Christen, die schlicht die Schnauze voll haben", fand der Landtagsabgeordnete drastische Worte. Die Kollateralschäden gingen über das Kölner Erzbistum und über die katholische Konfession hinaus.
Erstmeldung am 27. Juni: 9.53 Uhr; zuletzt aktualisiert: 13 Uhr.
Titelfoto: Montage: Vincent Kempf, Rolf Vennenbernd/dpa