Rassistischer Brandanschlag auf Familie? Linken-Chefin warnt vor Pogrom-Stimmung
Frankfurt am Main/Wächtersbach - Der Brand eines Wohnhauses im südosthessischen Wächtersbach könnte auf rassistisch motivierte Brandstiftung zurückgehen. Janine Wissler (42), eine der beiden Bundesvorsitzenden der Partei "Die Linke", ist schockiert und fühlt sich an teils tödliche Brandanschläge in den 1990er Jahren in Deutschland erinnert.
Das Haus, in dem eine aus Pakistan eingewanderte Familie lebt, brannte in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag. Verletzt wurde niemand, doch an mehreren Wänden wurde der Schriftzug "Ausländer raus" entdeckt.
Die Polizei ermittelt wegen schwerer Brandstiftung und vermutet einen ausländerfeindlichen Hintergrund.
Die aus Frankfurt am Main stammende Linken-Politikerin Wissler schrieb hierzu auf "X" (vormals "Twitter"): "Es wäre nicht die erste rassistisch motivierte Gewalttat in #Wächtersbach."
Damit verwies sie auf eine Attacke im Jahr 2019 in der Kleinstadt zwischen Frankfurt und Fulda.
Damals wurde ein aus Eritrea stammender Mann aus rassistischen Motiven niedergeschossen und schwer verletzt.
Janine Wissler erinnert an die Anschläge von Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen
Zu dem mutmaßlichen Brandanschlag in Wächtersbach schrieb Wissler weiter: "Es reicht nicht, diese Tat zu verurteilen, man muss den Nährboden bekämpfen, der solche Taten begünstigt: die rassistische Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund und gegen Geflüchtete. Wer rechte Forderungen umsetzt, schwächt die Rechten nicht, das ermutigt sie nur."
Damit spielte die 42-Jährige vermutlich auf jüngste politische Debatten um mehr Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber an. Die Bundesregierung legte hierzu Ende November einen Gesetzentwurf vor.
In ihrem Thread auf "X" kam die Linken-Vorsitzende zum Schluss auf die 1990er Jahre zu sprechen. Auch damals habe es in Medien und Politik eine Debatte um Flüchtlinge gegeben, die mit dem sogenannten "Asylkompromiss" zu einer "Aushöhlung des Asylrechts" geführt habe.
Weiter heißt es in dem Thread von Janine Wissler: "Und einer rassistisch aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte folgten Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen."
Mit dieser Wendung spielt die 42-Jährige auf drei aufsehenerregende rassistisch motivierte Anschläge an.
Mehrere Tote bei rassistischen Brandanschlägen in Deutschland in den 1990er Jahren
In Rostock-Lichtenhagen griffen im August 1992 mehrere hundert teilweise rechtsextreme Randalierer ein Wohnheim für vietnamesische ehemalige Vertragsarbeiter mit Steinen und Molotowcocktails an. Mehrere Tausend Zuschauer applaudierten den Randalierern und behinderten teils den Einsatz von Polizei und Feuerwehr. Die Ausschreitungen wurden hinterher auch als Pogrom bezeichnet.
In der norddeutschen Kleinstadt Mölln kam es im November 1992 zu einem Brandanschlag auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser durch zwei Neonazis. Drei Tote und mehrere Schwerverletzte waren hinterher zu beklagen.
In der nordrhein-westfälischen Großstadt Solingen kam es 1993 zu einem rechtsextremistischen Brandanschlag, bei dem fünf Mädchen und Frauen mit türkischen Wurzeln getötet wurden.
Titelfoto: 5VISION.NEWS