Schneeberg - Auch mehr als 24 Stunden nach dem verheerenden Sprengstoff-Anschlag auf eine Sparkassen-Filiale in Schneeberg hat die Polizei noch keine heiße Spur auf die Täter. Doch der Modus Operandi weist auf holländische "Plofkrakers" (Deutsch: Knallkracher) hin, die abgelegene Orte ohne Polizei bevorzugen.
Laut LKA war es bereits die dritte Geldautomatensprengung in diesem noch jungen Jahr in Sachsen.
Das Schadensbild in der Automaten-Filiale in der Schneeberger Siedlung lässt auf die beliebteste Sprengmethode der "Plofkrakers" schließen - das Einleiten eines Acetylen-Sauerstoff-Gasgemisches in den Bankomaten, das dann per Fernzünder zur Explosion gebracht wird.
Die mit hochmotorisierten Fahrzeugen aus Holland anrückenden Banden bevorzugen Orte ohne Polizeistationen, die in der Nähe von Autobahnen und Fernstraßen liegen, wie Sachsens Ermittler von vorangegangen Fällen etwa in Wilsdruff oder Brandis (Muldental) wissen.
Auch der Schneeberger Polizeiposten ist nachts unbesetzt. Vom nächsten Revier in Aue brauchen die Beamten etwa zwölf Minuten bis zum Tatort. Auch das dürften die Profis zuvor ausgekundschaftet haben.
Automatensprenger sollen keine festen Banden sein, sondern ein kriminelles Netzwerk
Genug Zeit also, um das Geld aus den demolierten Automaten zu fischen und mit dem von Zeugen beobachteten 5er-BMW gen A72 zu verschwinden. Vermutlich wurden unterwegs noch die Kennzeichen gewechselt und die Beute in ein anderes Auto verladen. Wie hoch sie ist, dazu wollte die Polizei keine Angaben machen.
Die Auswertung von Tankstellen-Videos entlang möglicher Fluchtstrecken gehört für die Ermittler zum Standard.
Doch ist ihnen auch bekannt, dass professionelle "Plofkrakers" große Spritkanister in ihren Fahrzeugen mitführen, damit sie unterwegs nicht videoüberwacht tanken müssen.
Nach Erkenntnissen des holländischen Kriminologen Cyrille Fijnaut kommen die Automatensprenger zum großen Teil aus der Region Amsterdam-Utrecht.
Keine festen Banden sollen es sein, sondern ein aus etwa 400 Personen bestehendes kriminelles Netzwerk, aus dem sich die Spreng-Kommandos immer neu zusammensetzen.
Wilsdruff-Sprenger sitzen hinter Gittern
Sechs vollendete und eine versuchte Sprengung von Geldautomaten - das Jahr 2023 war das Jahr der "Plofkrakers" in Sachsen.
Den wohl heftigsten Fall gab es am 24. April in Wilsdruff, wo Gangster morgens die Sparkasse am Markt sprengten und rund 185.000 Euro aus dem demolierten Bankomaten zogen.
Doch allzu lang hatten die Sprengräuber keine Freude an der Beute. Nur drei Monate nach dem Coup ließen Spezialermittler die Bande in Holland hochgehen.
Sie war für zahlreiche Automatensprengungen in Deutschland mit einer Gesamtbeute von mehr als drei Millionen Euro und einem Sachschaden von etwa sechs Millionen Euro verantwortlich.
Alle deutschen Verfahren liefen bei der Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Bamberg zusammen. Wie die Behörde am Donnerstag auf Anfrage mitteilte, sind inzwischen 17 Angeklagte der holländischen "Plofkrakers"-Bande rechtskräftig zu Haftstrafen zwischen 21 Monaten sowie fünf Jahren und elf Monaten verurteilt worden.