Verdächtiger nach 27 Jahren geschnappt: Prozess um tote Stephanie (†10) beginnt
Gera - Mehr als 27 Jahre nach dem gewaltvollen Tod der zehnjährigen Stephanie aus Weimar soll der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder beginnen.
Der 66-Jährige steht von diesen Dienstag ab 9 Uhr an vor dem Landgericht. Der Angeklagte wurde im März festgenommen - nach intensiven Ermittlungen der mit ungeklärten Kindermorden aus den 1990er Jahren im Jenaer Raum befassten Sonderkommission "Altfälle".
Bisher sind in dem Prozess nach Behördenangaben zwölf Verhandlungstermine bis Mitte Januar geplant.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen vor, das Mädchen Ende August 1991 von der Teufelstalbrücke der A4, etwa 20 Kilometer östlich von Jena, gestoßen zu haben. Zuvor soll er das Kind aus dem Weimarer Goethepark herausgelockt haben, um sich an ihm zu vergehen. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mord aus, mit dem der Angeklagte den Missbrauch vertuschen und einer Strafverfolgung entgehen wollte.
Der 66-Jährige, der ursprünglich aus dem Raum Weimar stammt, sitzt seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft. Er ist wegen Missbrauchs an Kindern vorbestraft. Als ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung des Mannes in Berlin stürmte, soll er Polizisten mit einer Eisenstange angegriffen haben.
Auf einer Pressekonferenz einige Tage später nannte die Polizei Details zur Ermittlungsarbeit. Demnach gestand der Angeklagte die Tötung Stephanies bei einer ersten Vernehmung unmittelbar nach seiner Festnahme.
Dass es so viele Jahre nach einer Tat noch zu einem Prozess komme, sei bisher noch eine Seltenheit, sagte Gerichtssprecherin Silke Hollandmoritz. Auch wenn Mord nicht verjähre. Die Sprecherin vermutet angesichts moderner Untersuchungsmöglichkeiten, dass es aber künftig häufiger dazu kommen könnte.
Die heutigen Möglichkeiten führten auch die Ermittler der Soko "Altfälle" zum Erfolg. Auf den mutmaßlichen Mörder Stephanies kamen sie durch neue Methoden zur Gen-Analyse und moderne Computertechnik.
Update 14.37 Uhr:
Der Beschuldigte ließ durch seinen Anwalt erklären, er werde sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Wie Oberstaatsanwalt Ralf Mohrmann am Rande der Verhandlung sagte, hat der einschlägig vorbestrafte Beschuldigte den Missbrauch des Kindes zugegeben. Er könne dafür aber nicht mehr bestraft werden, da die Sache inzwischen verjährt sei.
Was bleibe, sei der Vorwurf, dass er das Mädchen zur Verdeckung des Missbrauchs und einer sich daraus ergebenden erneuten Strafverfolgung getötet habe. Dies habe der Angeklagte jedoch bestritten: Er will nach Angaben des Oberstaatsanwaltes die Zehnjährige lediglich in der Nähe der Brücke ausgesetzt haben.
Titelfoto: Matthias Gränzdörfer