Immer mehr illegale Einreisen: TAG24 unterwegs mit der Bundespolizei

Chemnitz - Erst kam es oft, jetzt grüßt das Murmeltier täglich: Fast jeden Tag greift die Chemnitzer Bundespolizei Flüchtlinge hinter der Grenze auf. Von Schleusern zwischen Reitzenhain und Chemnitz aus einem Transporter geworfen, irren die illegal Eingereisten durch das Erzgebirge, bis Bürger sie bei der Polizei melden.

Ein Beamter der Bundespolizeiinspektion Chemnitz hält mit einem Fernglas an der B174 bei Hohndorf Ausschau nach Schleuserfahrzeugen.
Ein Beamter der Bundespolizeiinspektion Chemnitz hält mit einem Fernglas an der B174 bei Hohndorf Ausschau nach Schleuserfahrzeugen.  © Kristin Schmidt

TAG24 begleitete eine Streife der Bundespolizei und gemeinsamer Fahndungsgruppe (mit Landespolizei) an der Grenze.

Morgens, 4.30 Uhr, Anruf eines Bürgers bei der Landespolizei: Offenbar stehen Flüchtlinge orientierungslos am Freibad Einsiedel. 16 Beamte eilen zur Berbisdorfer Straße. Acht Männer stehen dort, haben auf die Polizei gewartet.

Entspannt laden die Beamten die Flüchtlinge in ihre Autos, sammeln zwei weitere an der Strecke auf und bringen sie zur Dienststelle in Schmalzgrube. Dort sitzen sie nun. Acht Männer mit dunklen Haaren - einer wird verhört, ein anderer durchläuft die Schnell-Identifizierung per Daumenabdruck, um festzustellen, ob er schon mal in Deutschland war.

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Im Flur stehen zehn Plastikboxen mit dem bisschen Hab und Gut der illegal Eingereisten. Meist Rucksäcke. Die Nummer 7 hat fast nichts dabei - nur eine SIM-Karte für vier Euro, etwas Geld und eine Packung Winston-Zigaretten.

Auf dem Bundespolizeirevier Schmalzgrube werden die Fingerabdrücke eines syrischen Flüchtlings abgenommen.
Auf dem Bundespolizeirevier Schmalzgrube werden die Fingerabdrücke eines syrischen Flüchtlings abgenommen.  © Kristin Schmidt
Rucksäcke und persönliche Dinge von syrischen Flüchtlingen werden in Kisten gelagert.
Rucksäcke und persönliche Dinge von syrischen Flüchtlingen werden in Kisten gelagert.  © Kristin Schmidt

Illegale Einreisen nehmen zu: Aufgriffe in Sachsen haben sich verdreifacht

Polizeihauptmeister Herfried Neuwirther (54) führt ein Fast-ID-Verfahren zu einem aus Syrien geflüchteten Mann durch.
Polizeihauptmeister Herfried Neuwirther (54) führt ein Fast-ID-Verfahren zu einem aus Syrien geflüchteten Mann durch.  © Kristin Schmidt

"Wir geben dem Chaos eine Ordnung", erklärt Polizeihauptmeister Andreas Kuhn (48). "Aber den Andrang können wir nur abarbeiten - das ist unser Job."

Polizeihauptmeister Herfried Neuwirther (54) nimmt den Männern Gürtel und Schnürsenkel ab, "damit sich keiner was antut".

Dann beginnt der unbürokratische Teil: "Wir zeigen den Flüchtlingen die Bushaltestelle, damit sie selbst zur Erstaufnahme in Chemnitz fahren", sagt Bundespolizeisprecherin Anett Bochmann (40).

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Wie viele aus dem Bus steigen, zählt keiner. Verloren geht kaum einer, weil sie die Unterstützung brauchen. Für den Ersten Polizeihauptkommissar Toralf Dorst (47) war Einsiedel eine normale Schleusung, "wie wir sie im Moment täglich erleben, weil sich die Aufgriffe verdreifacht haben".

Die zehn Flüchtlinge in Schmalzgrube, alles Syrer, sind "glücklich, in Deutschland zu sein", sagt Mohammed (58), der etwas Englisch spricht. "Meine Familie ist noch in der Türkei. Hoffentlich kommt sie nach."

Illegale Einreisen: Das sind die Zahlen

Aus Syrien geflüchtete Männer warten auf dem Bundespolizeirevier Schmalzgrube auf die Durchführung eines Fast-ID-Verfahrens.
Aus Syrien geflüchtete Männer warten auf dem Bundespolizeirevier Schmalzgrube auf die Durchführung eines Fast-ID-Verfahrens.  © Kristin Schmidt

Die Bundespolizei zählte im ersten Halbjahr 2023 in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt 10.425 illegale Einreisen. 2022 waren es bis Juni noch  4183 Flüchtlinge.

Auch für die Bundespolizei Chemnitz mit ihrer 120 Kilometer langen Grenze zu Tschechien ist viel Arbeit angesagt. Fast jeden Tag greifen die Beamten meist Syrer und Afghanen auf. Oft in Chemnitz, seit Kurzem vor allem grenznah entlang der B95 und B174.

Neue Statistiken für die Region liegen nicht vor, aber vom 1. bis 14. August griff die Bundespolizei 106 Flüchtlinge zwischen Annaberg-Buchholz, Oederan und Zwönitz auf, brachte sie zur Identifizierung in ihre Dienststellen Schmalzgrube und Cämmerswalde.

Auch Schleuser gehen immer wieder ins Netz. Im ersten Halbjahr schnappte die Bundespolizei in Sachsen 310 Fahrer, Ukrainer, Usbeken, Tschechen, Syrer.

Titelfoto: Kristin Schmidt

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