Nach Angriffen auf Neonazis in Budapest: Beschuldigte stellen sich in Deutschland
Von Simona Block
Leipzig - Mutmaßliche Linksextremisten sollen vor knapp zwei Jahren in Budapest Neonazis angegriffen haben. Nun haben sich sieben Beschuldigte den deutschen Behörden gestellt.
Laut einer Erklärung ihrer Anwälte geschah das "freiwillig, trotz drohender Auslieferung", um sich gegen die erhobenen Vorwürfe zu verteidigen.
Sie verlangen unter Verweis auf das "rechtsautoritäre ungarische Regime" und "menschenunwürdige Haftbedingungen", die jungen Antifaschisten nicht auszuliefern, und dass das Strafverfahren in Deutschland geführt wird.
Ihren Mandanten wird nach Angaben der Verteidiger vorgeworfen, an den Angriffen auf deutsche, polnische und ungarische Rechtsextremisten in der ungarischen Hauptstadt im Februar 2023 beteiligt gewesen zu sein.
In dem Fall laufen in Deutschland und Ungarn Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung.
Sieben von ihnen haben sich nun nach Angaben der Leipziger Rechtsanwältin Giulia Borsalino gestellt. Jeweils zwei von ihnen in Köln, Kiel, und Bremen, eine Beschuldigte in Hamm.
Sie sollen ab dem heutigen Montag in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, wie Borsalino sagte. Zwei Beschuldigte hätten sich noch nicht gestellt.
Gegen die untergetauchten Beschuldigten bestehen deutsche und europäische Haftbefehle.
Verteidiger: Auslieferung wäre Verstoß gegen Vorgaben
"Unsere Kinder setzen heute ein starkes Zeichen, welches ihren Willen zur Deeskalation deutlich ausdrückt", sagte die Mutter einer der Beschuldigten.
Die Eltern nannten ihre Namen nicht öffentlich und appellierten, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu wahren.
"Wir erwarten von den Justizministerien in Bund und Ländern, dafür zu sorgen, dass es zu keinen Auslieferungen kommt", forderten drei Mütter stellvertretend für die Eltern bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Laut Verteidigung hatten die sieben Beschuldigten, die sich gestellt haben, vor einem halben Jahr die Bundesanwaltschaft kontaktiert. Sie hätten zugesichert, sich zu stellen, wenn ihnen zugesichert wird, dass auf eine Auslieferung nach Ungarn verzichtet wird - vergeblich.
Die Verteidiger sehen in einer Auslieferung "einen Verstoß gegen grund- und menschenrechtliche Vorgaben".
Ihren Mandanten drohe in Ungarn eine Verurteilung zu einer "überlangen Haftstrafe" von bis zu 24 Jahren, das dortige Verfahren genüge rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht, die Haftbedingungen seien menschenunwürdig.
Bei den Ermittlungen geht es um Übergriffe beim jährlich stattfindenden "Tag der Ehre", bei denen mehrere Menschen verletzt wurden, einige auch schwer.
Eine Beschuldigte, die in der linken Szene als "Maja" bekannt ist, wurde im Dezember 2023 in Berlin verhaftet und im Juni 2024 ausgeliefert - die Untersagung des Bundesverfassungsgerichts kam zu spät.
Titelfoto: dpa/A0651 epa MTI Tamas Kovacs