Polizei-Versagen bei Blutnacht von Hanau? Präsident mit klarer Meinung

Hanau - Mehr als vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau hat der heutige Polizeipräsident von Südosthessen, Daniel Muth (50), die Hinterbliebenen der Opfer öffentlich um Entschuldigung gebeten.

Mehrere Tausend Menschen hatten sich anlässlich des vierten Jahrestages des Hanau-Attentats in der Innenstadt zum Gedenken versammelt.
Mehrere Tausend Menschen hatten sich anlässlich des vierten Jahrestages des Hanau-Attentats in der Innenstadt zum Gedenken versammelt.  © Boris Roessler/dpa

Er folgt damit dem heutigen Innenminister Roman Poseck (54, CDU), der diesen Schritt im Juni gegangen war. "Ich schließe mich dieser Entschuldigung an", sagte Muth der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch).

"Wir haben Fehler im Umgang mit den Opfern und den Angehörigen gemacht", sagte er weiter. Bei einem politisch motivierten Anschlag hätte "eine sogenannte Landeslage im Landeskriminalamt ausgelöst werden müssen, bei welcher die Führung der Lage an einen besonders erfahrenen Polizeiführer mit dessen Führungsstab übergeben worden wäre", wird Muth weiter zitiert. "Das ist damals nicht geschehen."

In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen.

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Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags hatte sich mit der Tat befasst und in seinem 750-seitigen Abschlussbericht 60 Handlungsempfehlungen genannt - ein Großteil fällt in die Zuständigkeit des Innenressorts.

Weder der damalige Innenminister Peter Beuth (56, CDU) noch der damalige Präsident des Polizeipräsidiums Südosthessen hatten Fehler der Polizei bei dem Einsatz eingeräumt.

Polizeipräsident Muth gesteht Fehler im Umgang mit Opfern und Angehörigen ein

Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen sowie seine Mutter und schließlich sich selbst erschossen.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen sowie seine Mutter und schließlich sich selbst erschossen.  © Andreas Arnold/dpa

Das Polizeipräsidium Südosthessen mit Sitz in Offenbach ist auch für Hanau zuständig.

"Wir haben die Fehler benannt, die damals gemacht wurden, etwa bei der Überbringung der Todesnachricht", sagte Muth in dem Interview weiter. "Die Opferangehörigen haben sehr eindringlich geschildert, was das mit ihnen gemacht hat, nicht zu wissen, ob ihre Verwandten tot sind, am Leben sind, wo sie sind. Das muss für sie sehr schwer zu ertragen gewesen sein."

Die Initiative 19. Februar Hanau, in der sich Angehörige der Opfer und andere Betroffene des Anschlags sowie Unterstützer zusammengeschlossen haben, hat der Polizei wiederholt Fehler bei dem Einsatz vorgeworfen.

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Außerdem wurde kritisiert, dass nach dem Anschlag niemand die politische Verantwortung übernommen und es keine Konsequenzen gegeben habe.

Titelfoto: Andreas Arnold/dpa

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