Wurde Kadettin Jenny Böken (†18) auf der "Gorch Fock" erwürgt?
Kiel - Der Tod der "Gorch Fock"-Kadettin Jenny Böken bleibt auch nach mehr als zehn Jahren rätselhaft. Nun hat die Staatsanwaltschaft Kiel den Fall wieder aufgerollt.
Das Todesermittlungsverfahren sei wieder aufgenommen worden, teilte die Behörde am Dienstag mit.
Nach den Aussagen einer Zeugin müssten einige Punkte überprüft werden.
Die Angaben dieser Zeugin beruhten allerdings im Wesentlichen auf Hörensagen, hieß es. Sie sei im Jahr 2008 Soldat der Bundeswehr gewesen, habe aber weder zur Marine noch zur Besatzung der "Gorch Fock" gehört.
Über eine anstehende Wiederaufnahme des Todesermittlungsverfahrens hatte vor wenigen Tagen bereits Der Spiegel berichtet. Die Ermittlungen im Fall Böken waren 2009 eingestellt worden.
Die damals 18-jährige Jenny Böken war in der Nacht zum 4. September 2008 während einer Ausbildungsfahrt des Segelschulschiffs der Marine bei einer Wache über Bord gegangen.
Wie sie starb, blieb bisher ungeklärt. Der Leichnam wurde erst nach elf Tagen aus der Nordsee geborgen. Die Ermittler hielten ein Unglück bisher für am wahrscheinlichsten.
Eltern glauben nicht an einen Unfall
Die Eltern sahen dagegen sogar Hinweise für einen Mord. Sie stützten sich dabei auf eine eidesstattliche Aussage eines früheren Bundeswehrangehörigen, der im April dieses Jahres - nach einer Geschlechtsumwandlung - von der Kieler Staatsanwaltschaft als Zeugin vernommen wurde.
Oberstaatsanwalt Axel Bieler hatte damals gesagt, die Aussage werde überprüft und dann entschieden, ob das Todesermittlungsverfahren wieder eröffnet wird.
Die Zeugin sei früher ein Kamerad von Jenny Böken bei der Bundeswehr gewesen, sagte Bieler Ende April nach der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung.
Laut dem Anwalt der Bökens, Rainer Dietz aus Aachen, soll die im April vernommene Zeugin erklärt haben, kurz nach dem Auffinden der Leiche hätten mehrere Männer, darunter Marineangehörige, sie in einer Kaserne besucht.
Sie sollen angedeutet haben, dass die junge Frau erdrosselt worden sei.
Im September vergangenen Jahres hatten sich die Eltern der toten "Gorch Fock"-Kadettin an Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) gewandt. Über ihren Anwalt Dietz beantragten sie, die Ministerin solle das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein anweisen, statt der Kieler eine andere Staatsanwaltschaft mit der Prüfung des Antrags auf Wiederaufnahme der Ermittlungen zu beauftragen.
Die Eltern hatten der Staatsanwaltschaft Fehler, Versäumnisse und Voreingenommenheit vorgehalten. Die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein verwarf den Antrag.
Der Vater der Kadettin hatte im September 2018 knapp 140.000 Unterschriften für eine Wiederaufnahme der eingestellten Ermittlungen gesammelt. Insgesamt 14 Aktenordner hatte Uwe Böken der Justizministerin übergeben.