Angeklagter versucht, Richter und Staatsanwalt zu erschießen
Augsburg - Von Respekt und Reue keine Spur: Aus Wut über seine Haftstrafe hat ein 26-Jähriger versucht, noch während der Urteilsverkündung die Richter und den Staatsanwalt zu erschießen. Jetzt muss er gleich zwei Haftstrafen absitzen - und das wird dauern.
Fast 23 Jahre lang wird er nun voraussichtlich hinter Gittern sitzen: Wegen versuchten Mordes an fünf Richtern und einem Staatsanwalt hat das Landgericht Augsburg am Mittwoch einen 26-Jährigen schuldig gesprochen.
Der Mann hatte versucht, während der Urteilsverkündung in einem früheren Verfahren gegen ihn einem Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen. Mit der Pistole wollte er die Vertreter der Justiz erschießen, wie er später freimütig zugab.
Für diesen Vorsatz erhielt er nach Angaben eines Gerichtssprechers nun eine Haftstrafe von zehn Jahren; das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Die 10 Jahre kommen zu den knapp 13 Jahren Haft hinzu, zu denen der Mann vor zwei Jahren ebenfalls wegen versuchten Mordes verurteilt worden war.
Zuerst spuckte er, dann versuchte er, eine Dienstwaffe zu ergreifen
Der mutmaßliche Syrer, der von sich selbst behauptet, Palästinenser zu sein, hatte in einer Asylbewerberunterkunft im oberbayerischen Hurlach einem schlafenden Mitbewohner in den Hals gestochen, weil dieser den Islam beleidigt habe.
Das Opfer überlebte den zwölf Zentimeter tiefen Stich nur dank einer Notoperation.
Als die Vorsitzende Richterin im Juli 2017 wegen dieses Angriffs das Urteil verkündete, spuckte der Mann zunächst in Richtung des Schwurgerichts und des Staatsanwalts, auf den er auch seinen Schuh warf.
Dann versuchte er, dem ihn festhaltenden Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen - was dieser aber noch verhindern konnte. Die Pistole war mit acht Schuss Munition geladen, und nach Überzeugung der Anklage wären die Opfer von den Schüssen derart überrascht worden, dass niemand eine Chance zum Fliehen gehabt hätte.
Insgesamt wurde der 26-Jährige nun zu 22 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt. "Es ist damit zu rechen, dass der das alles absitzt", sagte der Gerichtssprecher mit Blick auf die sonst häufige Haftverkürzung nach etwa zwei Dritteln der Strafdauer.
Was danach passiert, ist unklar. Eine Abschiebung ist nach jetzigem Stand unwahrscheinlich, da die Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist.
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