Sachsen-Kannibale lebenslang im Knast: Holt ihn Kretschmer jetzt eher raus?

Dresden - Macht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) bald von einem Recht Gebrauch, was er hat, aber so gut wie nie benutzt? Denn er könnte tatsächlich den verurteilten Kannibalen Detlev G. (67) begnadigen.

Detlev G. wurde nach mehreren Prozessen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Detlev G. wurde nach mehreren Prozessen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.  © Ove Landgraf

Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Der damalige Kripo-Hauptkommissar zerstückelte 2013 Wojciech S. (†59). Beide lernten sich auf einer Kannibalen-Seite kennen, verabredeten sich.

Der 59-Jährige fuhr extra von Hannover nach Dresden, Detlev G. nahm ihn anschließend mit in sein Haus im Gimmlitztal im Osterzgebirge. Wenige Stunden später war das Opfer tot.

Von der Tat gibt es ein Video. Darauf zu sehen ist, wie G. den Körper zerlegt, einige Leichenteile kocht. Der Körper wird später vergraben im Garten gefunden. Von Penis und Hoden fehlen noch immer jede Spur.

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Zwei Prozesse gab es vor dem Dresdner Landgericht. Die Ausgangslage keine einfache. Denn: Der Kannibale soll auf Wunsch des Opfers gehandelt haben.

Beim ersten Urteil 2015 bekam Detlev G. wegen Mordes und Störung der Totenruhe acht Jahre und sechs Monate. Als Begründung, warum er keine lebenslange Strafe bekam, wurde der unbedingte Todeswille des Opfers genannt.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf, ließ in Dresden neu verhandeln. Wieder gab es eine ähnliche Strafe - acht Jahre und sieben Monate.

Doch die Staatsanwaltschaft ging erneut in Revision beim Bundesgerichtshof. Dort verurteilten die Richter den jetzt 67-Jährigen 2018 zu lebenslanger Haft wegen Mordes.

Und jetzt kommt Kretschmer ins Spiel. Denn: Wie die "Leipziger Volkszeitung" berichtet, haben fünf Professorinnen und Professoren für Strafrecht, an Universitäten in Potsdam, Köln, Marburg und Leipzig Ende des vergangenen Jahres einen Brief an den Ministerpräsidenten geschickt - ein Gnadengesuch.

In diesem Haus im Osterzgebirge fand die Tat statt.
In diesem Haus im Osterzgebirge fand die Tat statt.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Wird Detlev G. Michael Kretschmer begnadigt?

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) könnte den verurteilten Mörder begnadigen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49, CDU) könnte den verurteilten Mörder begnadigen.  © Michael Kappeler/dpa

Inhalt des Briefes sei, dass es einen "erheblichen Unterschied" mache, "ob ein Täter auf den Wunsch des Opfers hin agiert, oder ob er einen Menschen gegen dessen Willen aus dem Leben reißt."

"Die lebenslange Freiheitsstrafe ist hier zu hart", findet Elisa Hoven. Sie ist Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig und Richterin am Verfassungsgerichtshof Sachsen und zudem Autorin des Gnadengesuchs.

Detlev G. gibt Teile der Tat zu. Umgebracht haben, will er sein Opfer aber nicht. Er behauptet, S. auf eigenen Wunsch hin in eine Lage gebracht zu haben, in der er sich mit einem elektrischen Seilzug selbst erhängen konnte.

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Dieser Part fehlt allerdings auf dem Video, DNA wurde schließlich von beiden Männern am Seilzug gefunden. Hinzukommt, dass G. laut eigener Aussage beim Zerteilen nicht erregt gewesen sein soll. Heißt: Das Mordmerkmal der Befriedigung des Sexualtriebs falle weg. Allerdings ist auf dem Video zu sehen, dass er irgendwann nackt an seinem Penis herumgespielt habe.

Viele Fragen bleiben weiterhin ungeklärt. Wie frei war der Wille des Mannes, wirklich zu sterben? War es Mord?

Die Staatskanzlei von Michael Kretschmer äußerte sich bislang nicht zum Gnadengesuch.

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