Sie planten Anschläge: Urteil im Terrorprozess gegen rechtsextreme "Gruppe S."
Stuttgart - Elf Angeklagte, Corona-Verzögerungen und Todesfälle: Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ist das Mammutverfahren um eine rechte Terrorgruppe am Donnerstag zu Ende gegangen. Der Rädelsführer muss mehrere Jahre in Haft.
Nach mehr als 170 Verhandlungstagen hat das Stuttgarter Oberlandesgericht den Rädelsführer einer rechtsextremen Terrorgruppe heute zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Der aus der Nähe von Augsburg stammende Werner S., nach dem die "Gruppe S." auch benannt ist, muss sechs Jahre ins Gefängnis, weil er nach Überzeugung des Gerichts eine Terrorgruppe gegründet hatte.
Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von sieben Jahren gefordert, die Verteidigung hatte auf einen Freispruch plädiert.
Neben S. waren zehn weitere Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe angeklagt. Sie wurden ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, teils auf Bewährung. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.
Das Gericht ist überzeugt davon, dass die Verurteilten eine rechtsextreme Terrorgruppe gegründet haben, darin Mitglied waren oder diese zumindest unterstützt haben.
Bei einem Treffen im Februar 2020 in Minden (Nordrhein-Westfalen) hätten die Männer über Anschläge auf Moscheen gesprochen, die einen Bürgerkrieg auslösen sollten, sagte der Vorsitzende Richter. In Gesprächen sei ausgelotet worden, wer dazu bereit sei. Potenzielle Zauderer habe der Rädelsführer mit dem Tode bedroht.
Fast ein halbes Jahr Verhandlung: Zwei Angeklagte sterben überraschend
Außerdem sprach man über Waffenkäufe, viele Teilnehmer sagten Tausende Euro zur Finanzierung zu. Zuvor hatten sich die Männer in Chatgruppen vernetzt und dort ihren Hass auf Flüchtlinge und Muslime geteilt.
Dort schrieben sie von "Menschenmüll", "Dreckschweinen" und "Untermenschen", teilten Gewaltfantasien und Hakenkreuze. Einer der Teilnehmer berichtete aber den Sicherheitsbehörden von den Plänen, wenige Tage nach dem Treffen wurden die Männer festgenommen.
Das streng gesicherte Verfahren wurde aufgrund des Umfangs und der Corona-Pandemie in die Länge gezogen. Einer der Verdächtigen war bereits vor Anklageerhebung in Untersuchungshaft gestorben.
Einer der Angeklagten aus Bayern war überraschend während des Prozesses gestorben. Der Mann war nach Angaben des Oberlandesgerichts auf der Heimfahrt von einer Verhandlung im Stammheimer Hochsicherheitstrakt kurz vor seiner Wohnung tot zusammengebrochen.
Der Prozess gegen die "Gruppe S." ist derzeit nicht der einzige gegen mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppen in Deutschland. In Koblenz stehen aktuell vier Männer und eine Frau vor Gericht, die geplant haben sollen, zunächst einen großflächigen Stromausfall herbeizuführen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (60) zu entführen.
Titelfoto: Montage: Bernd Weißbrod/dpa (2)