Notwehr oder Mord: Hat Thomas seinen Kumpel aus Eifersucht getötet?

Görlitz - Tim S. (28) musste sterben, weil sein Kumpel Thomas E. (29) einen Nebenbuhler beseitigen wollte. Davon jedenfalls ist Oberstaatsanwalt Sebastian Matthieu (62) überzeugt. Er klagte den Lausitzer wegen Mordes aus Heimtücke an. "Denn es ging um Weibergeschichten", so der Jurist. Nun begann der Prozess am Landgericht Görlitz. Thomas beteuert "es war Notwehr".

Thomas E. (29) muss sich vor dem Görlitzer Landgericht wegen Mordes verantworten. Der Angeklagte behauptet, aus Notwehr gehandelt zu haben.
Thomas E. (29) muss sich vor dem Görlitzer Landgericht wegen Mordes verantworten. Der Angeklagte behauptet, aus Notwehr gehandelt zu haben.  © Stefan Häßler

Der Schwurgerichtssaal Görlitz war brechend voll. Einige Zuschauer mussten sogar stehen. Die meisten trugen schwarze Shirts mit dem Schriftzug von Tim und seinem Sterbedatum, dem 15. April 2024.

Freunde, Verwandte, Bekannte des Görlitzers wollten genau hören, was Thomas zu der Tat zu sagen hat. Immer wieder war Weinen zu hören, verließen erschütterte Zuschauer den Saal. Tapfer saßen Mutter und Bruder des Toten neben dem Oberstaatsanwalt, als der die Anklage verlas.

Demnach trafen sich beide Männer an jenem Abend. Aber nach ein paar Bierchen schlug der gesellige Abend für Thomas wohl um. Denn im Gespräch bemerkte er, dass Tim ihm mehrfach Freundinnen ausgespannt hatte.

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"Er fürchtete sogar, dass er auch seine jetzige Freundin an Tim verliert", so der Oberstaatsanwalt. "Eifersüchtig und in seiner Ehre verletzt" wollte er den Nebenbuhler beseitigen.

Als sich die Männer an der Melanchthonstraße verabschiedeten, stach Thomas fünfmal mit einem Messer auf Tim ein. Ein Stich ging ins Herz. Tim brach zusammen, verblutete und starb noch auf der Straße, der Täter rannte davon.

Notwehr-Geschichte von Thomas E. hat Lücken

Oberstaatsanwalt Sebastian Matthieu (62) ist davon überzeugt, dass Thomas E. einen Nebenbuhler beseitigen wollte.
Oberstaatsanwalt Sebastian Matthieu (62) ist davon überzeugt, dass Thomas E. einen Nebenbuhler beseitigen wollte.  © Stefan Häßler

"Wir hatten eigentlich einen schönen Abend", so der Angeklagte. "Wir haben uns ausgesprochen. Weil Tim so betrunken war, brachte ich ihn heim."

Auf besagter Straße sei Tim dann plötzlich mit einem Messer auf ihn losgegangen. "Ich hatte nur noch Angst", so Thomas, der Tim das Messer entwunden haben will. "Und dann ist das passiert." Danach rannte er weg.

Doch er kam in derselben Nacht zurück. Als er an der Polizeiabsperrung stand und das viele Blaulicht am Tatort fotografierte, wurde er kontrolliert und auf seine Handverletzung angesprochen. "Ich habe gegen eine Baustellenbake geschlagen", redete er sich damals raus, war aber von der Sekunde an auf dem Radar der Kripo. Zumal die Freundin des Opfers der Polizei erzählte, dass Tim und Thomas "Stress" hatten.

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Im Prozess erklärte Thomas nun, die zusätzliche Schnittverletzung in seiner Hand habe er sich zugezogen, als er Tim das Messer aus der Hand riss.

Allerdings: Laut Gerichtsmedizinerin rührte die Schnittverletzung von Thomas eher daher, "dass man das Messer aktiv geführt hat". Und die Warnbake, gegen die er geschlagen haben soll, wies keine Stellen auf, an denen er sich so hätte verletzen können. Der Prozess wird fortgesetzt.

Titelfoto: Stefan Häßler

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