Nazi oder Satire? Hakenkreuz als Witzfigur beschäftigt das Amtsgericht

Aue-Bad Schlema - Ein kleiner Sticker der Satire-Partei "Die PARTEI" sorgt für großen Ärger: Er zeigt ein aus weißem Pulver bestehendes Hakenkreuz. Mehrere davon hat Matthias F. (40) in der Bahnhofsstraße in Aue-Bad Schlema (Erzgebirge) angebracht und damit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet, so die Anklage.

Matthias F. (l.) stand wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor dem Amtsgericht Aue-Bad Schlema.
Matthias F. (l.) stand wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor dem Amtsgericht Aue-Bad Schlema.  © Sven Gleisberg

Der Teufel liegt im Detail: Für die Staatsanwaltschaft war am Dienstag nicht eindeutig, dass sich der Satire-Aufkleber gegen Faschismus positioniert. Auf dem Motiv wird angedeutet, wie eine Person das Pulver in Hakenkreuzform wie eine Droge schnupft. Daneben steht: "So geht sächsisch. Ein Volk zieht's durch".

"Dass 'Die PARTEI' nicht faschistisch ist, ändert am Tatbestand nichts", so der Staatsanwalt.

Der Angeklagte gestand, einen Sticker im September 2023 an einen Mast geklebt zu haben. Laut Verteidigung sei jedoch die satirische Absicht erkennbar, insofern der Aufkleber als Ganzes betrachtet wird.

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Zudem habe Matthias F. gedacht, das Anbringen des Motivs sei nicht strafbar, da in der Vergangenheit andere "Die PARTEI"-Mitglieder in dieser Angelegenheit freigesprochen wurden.

Etwa 20 "Die Partei"-Anhänger leisteten Matthias F. Beistand und hielten eine Kundgebung ab.
Etwa 20 "Die Partei"-Anhänger leisteten Matthias F. Beistand und hielten eine Kundgebung ab.  © Sven Gleisberg

Richter fällt zum Aufkleber kein Urteil

Dieser Sticker war Auslöser für die Verhandlung am Dienstag.
Dieser Sticker war Auslöser für die Verhandlung am Dienstag.  © Sven Gleisberg

Richter Detlef Kramer (63) folgte der Verteidigung und sprach Matthias F. frei. Basierend auf vorangegangenen Urteilen liege ein sogenannter "Verbotsirrtum" vor.

Das heißt, der Angeklagte konnte trotz zumutbarer Anstrengung nicht erkennen, dass sein Verhalten verboten ist. Damit handelte er schuldlos und wird nicht bestraft.

Allerdings: "Ich maße mir nicht an, über den Aufkleber zu entscheiden", so Kramer.

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Somit bleibt trotz des Freispruchs offen, wie das Motiv grundsätzlich zu bewerten ist. "Eine Entscheidung zum Objekt würde auch uns freuen", sagte Tom Rodig (36), Landesvorsitzender der "PARTEI", der bereits 2023 wegen derselben Klebe-Motive vor Gericht stand.

Titelfoto: Sven Gleisberg

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