Höchststrafe für Halle-Attentat: Stephan Balliet rastet nach Urteils-Verkündung aus

Magdeburg - Im Prozess zum rechtsterroristischen Anschlag von Halle wurde am heutigen Montag ein Urteil verkündet. Die Richter sprachen ihn am Montag in Magdeburg des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig.

Stephan Balliet (28) wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Stephan Balliet (28) wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.  © Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa

Demnach wurde der Angeklagte Stephan Balliet (28) zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Zudem stellte das Oberlandesgericht Naumburg am Montag die besondere Schwere der Schuld fest.

Damit geht gut 14 Monate nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Halle der Prozess zum Attentat zu Ende.

Nach rassistischen Klassenchats bei der Polizei: Noch nicht alle Fälle entschieden!
Gerichtsprozesse Sachsen-Anhalt Nach rassistischen Klassenchats bei der Polizei: Noch nicht alle Fälle entschieden!

"Das war eine abscheuliche, menschenverachtende Tat", sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens in der mehrstündigen Urteilsbegründung. Es sei ein "feiger Anschlag" gewesen.

Die Richterin schaute dem 28-Jährigen immer wieder direkt in die Augen, teilweise klang ihre Stimme brüchig. "Bei Ihnen, Herr Balliet, gab es keine menschlichen Züge mehr", sagte sie.

Das Gericht stufte den Attentäter als voll schuldfähig ein. Gegen das Urteil kann Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

Der Attentäter nahm den Urteilsspruch zunächst mit ausdruckslosem Gesicht zur Kenntnis. Er begann, sich Notizen zu machen. Emotionen zeigte er kaum, manchmal wirkte er etwas genervt.

Dann soll er plötzlich einen Gegenstand in Richtung der Nebenkläger geworfen haben. Es handelte sich wohl um einen zusammengerollten Hefter oder eine Mappe. Vier Wachleute packten den 28-Jährigen daraufhin sofort, fixierten ihn und trugen ihn aus dem Gerichtssaal.

UPDATE, 18.58 Uhr: Trotz Feiertagen eine Woche Zeit für Revision

Nach dem Urteil im Prozess um den rechtsterroristischen Anschlag in Halle im Oktober 2019 bleibt den Beteiligten eine Woche Zeit, um Revision einzulegen.

Diese Frist bleibe erhalten, auch wenn dazwischen nun die Weihnachtsfeiertage lägen, sagte Gerichtssprecher Wolfgang Ehm am Montag. Um Revision zum Bundesgerichtshof einzulegen, sei also Zeit bis zum 28. Dezember, 24 Uhr. Mehrere Prozessbeteiligte hatten angekündigt, zu prüfen, ob sie das Rechtsmittel in Anspruch nehmen. Auch der Verteidiger des Halle-Attentäters hatte das offen gelassen.

UPDATE, 15.20 Uhr: Verteidiger des Halle-Attentäters lässt Revision offen

Stephan Balliets Verteidiger hat offen gelassen, ob er gegen die Verurteilung seines Mandanten Revision einlegen wird. Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg sei "nicht wirklich überraschend gewesen", sagte Hans-Dieter Weber am Montag. "Ob es der Weisheit letzter Schluss ist, kann ich heute noch nicht sagen. Es ist offen, ob wir Revision einlegen. Eine Entscheidung ist insoweit noch nicht getroffen worden." Die Verteidigung hat eine Woche Zeit, Revision einzulegen.

Dass Balliet am Ende der Urteilsverkündung plötzlich einen Hefter oder eine Mappe in Richtung der Nebenkläger geworfen hat, kam für Verteidiger Weber überraschend, wie er sagte. "Er hat sich bisher im Verhalten völlig unauffällig gezeigt. Ich weiß nicht, ob da irgendwo eine Provokation von der Nebenklägerseite aus erfolgt ist oder nicht. Er hat offensichtlich emotional auf irgendetwas reagiert."

UPDATE, 14.35 Uhr: Gericht beurteilt Balliet als "gefährlich für die Menschheit"

Stephan Balliet ist nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Naumburg gefährlich für die Menschheit. Die Gesellschaft müsse vor dem 28-Jährigen geschützt werden, deswegen habe das Gericht neben lebenslanger Haft auch die Sicherungsverwahrung angeordnet, sagte Ursula Mertens am Montag in Magdeburg. Der Angeklagte habe nicht mal einen Anflug von Reue gezeigt.

Viele Momente in dem Prozess seien unerträglich gewesen, sagte die Richterin. Dabei versagte Mertens die Stimme und ihr kamen die Tränen. "Dieses Verfahren stellt alles in den Schatten." Direkt an den Angeklagten gewandt sagte sie: "Sie sind ein fanatisch ideologisch motivierter Einzeltäter. Sie sind antisemitisch, ausländerfeindlich. Sie sind ein Menschenfeind."

UPDATE, 14 Uhr: Ministerpräsident Reiner Haseloff spricht sich gegen Antisemitismus und Hass aus

Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (66) betonte nach dem Urteil, dass es für Antisemitismus und Hass keinen Platz gebe. "Wir haben einen fairen Prozess erlebt", sagte der CDU-Politiker am Montag. "Das Urteil zeigt in großer Klarheit, dass wir in einem wehrhaften Rechtsstaat leben. In ihm haben alle Formen von Antisemitismus, Rassismus und Hass keinen Platz, werden konsequent verfolgt und ziehen deutliche Strafen nach sich."

Titelfoto: Ronny Hartmann/dpa-Zentralbild/dpa

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Sachsen-Anhalt: