Koks, Granaten und ein Mordplan? Ungewöhnliche Bande soll Millionen Euro umgesetzt haben
Halle (Saale) - Einer vierköpfigen Bande aus Halle, die im vergangenen Jahr große Mengen Kokain und Cannabis verkauft haben soll, wird seit Montag der Prozess gemacht. Ihnen werden über 30 Straftaten darunter organisierter bandenmäßiger Drogenhandel vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Wegen des Umfanges der Vorwürfe sind für den Prozess etwa 35 Verhandlungstage angesetzt.
Am ersten Tag waren die Angeklagten in Fuß- und Handfesseln von Justizbeamten nacheinander in den Gerichtssaal im Justizzentrum in Halle geführt worden.
Den Reigen eröffnete ein 72-jähriger nur langsam laufender Mann, gefolgt von einem blassen 42-Jährigen, einem mit gebrochener Stimme sprechenden 37-Jährigen sowie dessen zierlicher 36-jähriger Ehepartnerin.
Klassische Verbrecher-Stereotypen suchte man bei den vier Angeklagten vergebens.
Keiner der vier Deutschen wollte sich am ersten Prozesstag zu den Vorwürfen äußern.
Der Verteidiger des 72-Jährigen kündigte jedoch eine etwa 90 Seiten umfassende Stellungnahme seines Mandanten für den kommenden Montag an.
Der Bande wird laut Anklageschrift vorgeworfen, von November 2019 bis November 2020 im großen Stil mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben.
Sie sollen dabei insbesondere Kokain und Cannabis aus Spanien eingekauft und anschließend in Mitteldeutschland und Berlin weiterverkauft haben. Mehr als sieben Millionen Euro seien laut Staatsanwaltschaft so umgesetzt worden.
Verfahren steht im Zusammenhang mit EncroChat-Entschlüsselung
Darüber hinaus sollen sie sich illegal Waffen beschafft haben. Das Spektrum reiche dabei von Baseballschlägern über Messer bis hin zu Schnellfeuergewehren und Handgranaten, erklärte die Staatsanwaltschaft.
Der 42-jährige Angeklagte soll außerdem die Ermordung eines Konkurrenten im Betäubungsmittelgeschäft verabredet haben.
Demnach sollte der ehemalige Geschäftspartner wegen großer finanzieller Verluste bei einem Geschäft nach Halle gelockt und mit einer Schusswaffe getötet werden.
Die Eröffnung des Verfahrens steht im Zusammenhang mit der Entschlüsselung des Kurznachrichtendienstes EncroChat.
EncroChat wurde vor allem von Kriminellen genutzt. Auch die Bande aus Halle griff auf den Dienst zurück.
Der Dienst galt wegen seiner aufwendigen Verschlüsselung als nicht zu knacken.
Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich gelang es 2020 dennoch, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen und diese an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden der jeweiligen Länder weiterzuleiten.
Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa