Anja Blum (†20) von Nachbar vergewaltigt und erwürgt: Täter bald wieder auf freiem Fuß

Rietzel - Vor über 15 Jahren erschütterte ein schreckliches Verbrechen das kleine Dorf Rietzel in der Nähe von Magdeburg: Eine junge Frau wurde vergewaltigt, erwürgt und in einem Fischteich versenkt. Der Täter konnte geschnappt werden - und könnte zum völligen Unverständnis der Eltern des Opfers schon bald wieder auf freiem Fuß sein.

Anja Blum ging gerne in ihrer Stammdisco tanzen - in der Nacht des 10. Juni ein letztes Mal.
Anja Blum ging gerne in ihrer Stammdisco tanzen - in der Nacht des 10. Juni ein letztes Mal.  © Screenshot MDR

In "Kripo Live - den Tätern auf der Spur" rollte Moderator Gerald Meyer den Fall noch einmal von vorne auf. Am 11. Juni 2005 wurde die damals 20-jährige Anja Blum aus dem kleinen Dörfchen Rietzel in der Nähe von Magdeburg als vermisst gemeldet. Die junge Physiotherapeutin wohnte noch bei ihren Eltern zu Hause und war am Abend mit Freunden in einer Disco tanzen gewesen.

Gegen 23 Uhr verließ die junge Frau die Disco, schrieb ihrem Freund noch eine letzte SMS: "Nix los hier, ich fahre jetzt nach Hause". Kurze Zeit später parkte sie ihren Wagen auf dem Hof ihrer Eltern und hätte eigentlich nur noch wenige Meter gehen müssen, bevor sie das elterliche Wohnhaus erreichen sollte. Doch dort kam sie nie an.

"Eigentlich hat sie immer nochmal bei uns vorbeigeguckt und sich zurückgemeldet. Als ich sie am Morgen auch nicht gesehen hatte, versuchte ich, sie am Handy zu erreichen - es war ausgeschaltet", erinnerte sich ihre Mutter Silvia Blum im "Kripo Live"-Interview.

MDR führte Interview mit Mörder von Anja Blum

Ein Großaufgebot der Polizei suchte die Umgebung des Dorfes Rietzel ab.
Ein Großaufgebot der Polizei suchte die Umgebung des Dorfes Rietzel ab.  © Screenshot MDR

Ein Zeitungsausträger fand noch am selben Morgen das Portmonee und die Schlüssel von Anja Blum auf der Straße vor ihrem Wohnhaus.

Schnell wurde klar, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Ein Großaufgebot der Polizei rollte an, auch Anwohner halfen bei der Suche nach der jungen Frau. Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte man aber auch schon in die Überlegungen miteinbeziehen, dass ein Dorfbewohner in das Verschwinden von Anja Blum verwickelt war.

"In so einer kleinen Gemeinde gibt es nicht viele Möglichkeiten, seine Fantasien auf verschiedene Menschen zu projizieren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich ein Täter schon lange mit Anja beschäftigt und sie sogar beobachtet hatte", so Polizeipsychologe Adolf Gallwitz.

Nach rassistischen Klassenchats bei der Polizei: Noch nicht alle Fälle entschieden!
Gerichtsprozesse Sachsen-Anhalt Nach rassistischen Klassenchats bei der Polizei: Noch nicht alle Fälle entschieden!

Ein junger Mann geriet schnell ins Visier der Ermittler: Sven B., der Nachbar aus dem Haus direkt gegenüber von Anja Blums Eltern, ist mehrfach wegen Einbrüchen, Raubes und Diebstählen verurteilt. In einem Interview mit dem MDR damals äußerte er sich sogar zu Anjas Verschwinden.

"Wir hoffen, dass sie wiederkommt. Was soll man denn machen. Ich helfe aber nicht bei der Suche, das geht mich nichts an", sprach der damals 24-Jährige ins Mikrofon eines MDR-Reporters.

Ermittler kamen Mörder durch Vergewaltigungsfall auf die Spur

Der 24-jährige Sven B. gab dem MDR 2005 ein Interview - er entpuppte sich später als Mörder.
Der 24-jährige Sven B. gab dem MDR 2005 ein Interview - er entpuppte sich später als Mörder.  © Screenshot MDR

Die ersten Spuren halfen den Ermittlern allerdings nicht.

Erst rund einen Monat nach dem Discoabend nahm der Fall wieder Fahrt auf: Ein Zeuge fand einen leblosen Frauenkörper, der unbekleidet in einem Fischteich rund sechs Kilometer von Rietzel entfernt trieb.

"Die Leiche war mit Ziegelsteinen beschwert. Wir wussten aufgrund des Schmucks und der Auffindesituation schnell, dass es sich hierbei um die Vermisste handelte", erinnerte sich Kriminalrat Michael Ulrich. Verletzungen am Hals- und Genitalbereich von Anja Blum bestätigten den Verdacht, dass es sich hierbei um ein Gewaltverbrechen handelte.

Dem Täter kamen die Ermittler dann schließlich durch ein weiteres Verbrechen auf die Spur. Nur neun Monate vor dem Tod von Anja Blum war am gleichen Teich eine 60-jährige Frau vergewaltigt worden. Während der Tat war die Frau mit einer Mullbinde gefesselt, die auf die gleiche Weise zurechtgeschnitten worden war wie die Seile, mit denen die junge Physiotherapeutin an die Ziegelsteine gefesselt worden war.

Der Verdacht der Ermittler legte sich abermals auf Sven B., dem Nachbarn von Anja - bei einer Durchsuchung von dessen Anwesen fanden die Kriminalbeamten schließlich einen Slip von Anja B., auf dem sich auch Sperma-Spuren mit der DNA ihres Nachbars fanden.

Eltern von Mordopfer kauften Wohnhaus des Mörders

Sven B. wurde schließlich zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt - ein enttäuschendes Urteil, wie die Eltern von Anja B. befinden. "Wir sind seit dem Tod von Anja lebenslang gestraft, und er kommt nun bald wieder auf freien Fuß. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?", ärgerte sich Silvia Blum, da der Täter nach seiner Haft nicht in einer Sicherheitsverwahrung untergebracht werden soll.

Vor allem der Gedanke, dass der Mörder ihrer Tochter zurück nach Rietzel kommen könnte, löst bei den Eltern Panik aus - vor einigen Jahren kauften sie deshalb dessen Wohnhaus und ließen es abreißen.

Titelfoto: Screenshot MDR

Mehr zum Thema Gerichtsprozesse Sachsen-Anhalt: