Wende im Prozess des Säureangriffs auf Bernhard Günther: War der Angeklagte gar nicht vor Ort?
Wuppertal - Im Prozess um den Säureanschlag auf Topmanager Bernhard Günther (57) haben die Verteidiger mit einem angeblichen Alibi ihres Mandanten überrascht.
Der Angeklagte habe am Tattag an einer Gedenkfeier für seinen verstorbenen Vater in Belgrad teilgenommen, behaupteten sie am Freitag. Dies könnten mehrere Familienmitglieder bezeugen. Damit sei ausgeschlossen, dass er zur Tatzeit am Tatort gewesen sei.
In einem zweiten Beweisantrag führte die Verteidigung aus, ihr Mandant habe am Tattag anders ausgesehen als auf dem Foto, anhand dessen Günther ihn wiedererkannt haben wolle. Das Gericht setzte die Verhandlung daraufhin für mehrere Stunden aus, hatte aber auch am Nachmittag weiterhin nicht entschieden, wie es mit den Anträgen umgeht. Der Prozess werde am 19. Februar fortgesetzt.
Auf Günther war am 4. März 2018 ein Anschlag verübt worden: Zwei Männer lauerten dem Manager in der Nähe seines Privathauses in Haan bei Düsseldorf auf und übergossen ihn mit hoch konzentrierter Schwefelsäure.
Ein Täter mit belgischem Pass ist bereits rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, ein zweiter 36 Jahre alter Verdächtiger, bei dem es sich um den Komplizen handeln soll, steht derzeit vor Gericht.
Auftraggeber soll ein bisher nicht öffentlich genannter Topmanager aus der deutschen Energie-Wirtschaft sein, der Günther damals als beruflichen Rivalen aus dem Weg habe räumen wollen.
Opfer muss Augenlider und Teile seiner Gesichtshaut transplantieren lassen
Günther war bei dem Säureanschlag schwer verletzt worden. Augenlider und Teile seiner Gesichtshaut mussten transplantiert werden. Der Manager war damals Finanzchef des Energiekonzerns Innogy, der wenige Tage später vom Eon-Konzern übernommen wurde.
Heute ist er Manager beim finnischen Energieversorger Fortum mit mehr als 19.000 Mitarbeitern.
Titelfoto: Henning Kaiser/dpa