Junge (†2) in Mini-Kita erstickt: Freispruch! Wütende Mutter geht auf Angeklagte los
Gelsenkirchen (NRW) - Im Prozess um den tragischen Tod eines Zweijährigen in einer Mini-Kita in Gelsenkirchen hat das Gericht die beiden angeklagten Tagesmütter freigesprochen.
Im Gerichtssaal kam es daraufhin zu einem kurzen Tumult: Die Mutter des toten Jungen sprang laut schreiend auf und ging auf eine der Tagesmütter los. Ihr Mann konnte sie im letzten Moment zurückhalten. Mehrere Wachtmeister kamen in den Saal und sicherten die Situation ab.
Der kleine Junge war vor gut zwei Jahren während der Mittagspause unten in ein Etagenbett gelegt worden. Den Ermittlungen zufolge war er aber aufgestanden, hatte die schwere Spanplatte der darüberliegenden Matratze hochgedrückt und war dort mit dem Hals eingeklemmt worden. Der Zweijährige erstickte.
"Dass das menschlich eine Tragödie ist, steht außer Frage", sagte der Vorsitzende Richter Karl-Martin Lucks in der Urteilsbegründung. Doch das Schöffengericht sah keinen Pflichtverstoß der beiden Tagesmütter.
Es habe keine Vorschrift gegeben, dass ein Erwachsener während der Mittagspause im Raum der Kinder sein musste. Auch davon, dass das Kita-Bett eines namhaften Herstellers zur tödlichen Gefahr für den Jungen werden konnte, hätten die Frauen nicht ausgehen können.
Eltern schockiert über das Urteil
Deshalb seien die beiden Angeklagten, die als selbstständige Tagesmütter in der städtisch organisierten Kita arbeiteten, vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freizusprechen. Sie trügen juristisch keine Schuld am Tod des Jungen, betonte Lucks.
Die Eltern des toten Zweijährigen waren von dem Freispruch geschockt. Seine Mandanten seien von ihren Gefühlen überwältigt worden, sagte ihr Anwalt nach dem Tumult im Gerichtssaal.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Nebenklage kündigte bereits Rechtsmittel an, die Staatsanwaltschaft äußerte sich dazu zunächst nicht.
In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwältin betont, sie sei von der Schuld der beiden 38 und 27 Jahre alten Frauen überzeugt.
Sie hätten grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt, argumentierte die Anklage-Vertreterin. Sie hatte zehn Monate Haft ohne Bewährung gefordert.
Titelfoto: Roland Weihrauch/dpa