Schluss mit Doktorspielchen: Gericht schickt falsche Ärztin in Psychiatrie
Von Elmar Stephan
Osnabrück - Sie wollte unbedingt Ärztin sein. Aber anstatt das Ziel mit guten Noten in der Schule und einem langjährigen Studium zu erreichen, fälschte eine junge Frau nach Ansicht des Landgerichts Osnabrück Schulzeugnisse und die Approbationsurkunde.

Die Große Jugendkammer ordnete die Unterbringung der 23-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik an. Zu groß sei die Gefahr, dass die junge Frau sonst wieder versuche, als falsche Ärztin zu arbeiten, begründete die Vorsitzende Richterin Nadine Laatz-Petersohn. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht legte seiner Entscheidung ein psychiatrisches Gutachten zugrunde, wonach die Angeklagte eine krankhafte Persönlichkeitsstruktur aufweise, erklärte Laatz-Petersohn. Sie habe eine verminderte Steuerungsfähigkeit. "Ihnen muss geholfen werden, und die Allgemeinheit muss geschützt werden", sagte die Richterin.
Bis zum Schluss der Beweisaufnahme habe die Angeklagte ein Lügenkonstrukt aufrechterhalten und dem Gericht offenkundig gefälschte Zeugnisse vorgelegt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte sich mithilfe einer gefälschten Approbationsurkunde im Jahr 2022 bei zwei Kliniken in Debstedt (Landkreis Cuxhaven) und im emsländischen Meppen erfolgreich beworben hatte.
Kein "Plan B" zum Beruf der Ärztin

In Debstedt arbeitete sie kurz als Anästhesistin, allerdings ohne Patienten zu behandeln. Ihre mangelnde Qualifikation fiel auf und sie erhielt die Kündigung. Nach ihrer Entlassung dort bewarb sie sich in Meppen und arbeitete in der Notaufnahme. Dort behandelte sie auch Patienten, indem sie Betäubungsspritzen setzte und Wunden vernähte.
Laut dem psychiatrischen Gutachter habe es für die Angeklagte keinen "Plan B" zum Beruf der Ärztin gegeben, sagte die Richterin. Mit diesem Berufswunsch habe sie aus dem Schatten ihres Bruders, vielleicht auch ihrer Familie treten wollen, sagte die Richterin.
Die notwendigen Zeugnisse habe sie gefälscht. Es sei damit zu rechnen, dass sie immer wieder versuchen würde, als Medizinerin zu arbeiten.
Die Gefahr, dass dabei am Ende auch Patienten sterben könnten, sei zu groß, als dass es die Kammer bei einer Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht belassen könnte.

Ein Rettungssanitäter wurde misstrauisch
Angeklagt war sie unter anderem wegen Betrugs und gefährlicher Körperverletzung. Eine Haftstrafe komme aber wegen der Persönlichkeitsstruktur der jungen Frau nicht in Betracht, sagte die Richterin. Der Verteidiger hatte eine Bewährungsstrafe gefordert.
Die Hochstaplerin war letzten Endes nur enttarnt worden, weil ein Rettungssanitäter, der sie privat kennengelernt hatte, misstrauisch wurde, als sie behauptete, Ärztin zu sein.
Schon nach einer kurzen Unterhaltung sei ihm klar geworden, dass die junge Frau nicht die notwendigen Fachkenntnisse hatte, sagte die Richterin. Als der Rettungssanitäter erfuhr, dass sie in Meppen arbeitete, informierte er die Klinik.
Titelfoto: Fotomontage: Friso Gentsch/dpa//Julian Stratenschulte/dpa