Prozess gegen Maddie-Verdächtigen: Christian B. kommt im Rollstuhl zu Gerichtstermin!
Braunschweig - Überraschung im Gerichtssaal: Im Vergewaltigungsprozess gegen den auch im Fall Maddie Verdächtigten ist der Angeklagte am Freitag in einem Rollstuhl zur Anklagebank gefahren worden.
Der 47-jährige Christian B. trug zusätzlich zu den Handschellen auch Fußfesseln und einen Bauchgurt über seinem Jackett.
Thematisiert wurde der ungewöhnliche Auftritt im Braunschweiger Landgericht nicht.
Ein sicherheitsrelevanter Hintergrund sei ihr nicht bekannt, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage. Und zum Gesundheitszustand des Angeklagten könne sie keine Auskünfte erteilen.
Verteidiger Philipp Marquort erklärte nach der kurzen Verhandlung, dass sein Mandant vorab über Fußschmerzen geklagt habe und behandelt worden sei. Weitere Details gab es zunächst nicht.
Die Vorsitzende Richterin wünschte abschließend allgemein gute Besserung. Wegen der Erkrankung einer Schöffin waren zuvor mehrere Prozesstage abgesagt worden.
Entscheidung zum Haftbefehl steht bevor
Inhaltlich kam der Prozess wegen fünf schwere Sexualstraftaten in der nur knapp einstündigen Verhandlung wie erwartet nicht wesentlich voran.
In den kommenden Tagen wird aber eine Entscheidung des Gerichts zum Haftbefehl gegen den mehrmals vorbestraften Sexualstraftäter erwartet. Um einen Zwischenstand von der Strafkammer einzufordern, hatte die Verteidigung vor einigen Tagen die Aufhebung beantragt.
Nach dem bisherigen Verlauf der Beweisaufnahme könne der Haftbefehl keinen Bestand mehr haben, hatte Verteidiger Friedrich Fülscher zur Antragsbegründung gesagt.
Der gebürtige Würzburger steht seit Februar vor Gericht, weil ihm drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern vorgeworfen werden. Großes Interesse erweckt das Verfahren aber vor allem, weil der Angeklagte auch im Fall der 2007 aus einer portugiesischen Ferienanlage verschwundenen dreijährigen Madeleine McCann unter Mordverdacht steht.
Der Maddie-Komplex ist aber nicht Gegenstand der aktuellen Verhandlung und es gilt die Unschuldsvermutung. Aktuell sitzt B. eine siebenjährige Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin im Jahr 2005 in Portugal ab.
Augenarzt als Gutachter
Zum nächsten Prozesstermin am Freitag (5. Juli) wird ein Augenarzt als Zeuge erwartet. Die Verteidigung hatte ein entsprechendes Gutachten gefordert, zur Klärung der Frage, ob ein Wiedererkennen eines Täters nur anhand der Augen möglich ist.
Im Fall einer Irin, die 2004 in Portugal vergewaltigt wurde, hatte die Betroffene selbst als Zeugin von "stechend blauen Augen" berichtet. "Seine Augen, ich glaube, dieser Mann ist der Angreifer", sagte sie dem Gericht.
Die Verteidigung hält ein Wiedererkennen nur anhand der Augenfarbe Blau schlichtweg für unmöglich.
Titelfoto: Julian Stratenschulte/dpa Pool/dpa