Grünen-Politikerin attackiert und verletzt: Prozess beginnt!
Göttingen - Rund einen halben Monat nach dem Angriff auf eine Grünen-Politikerin in Göttingen muss sich der mutmaßliche Täter am Montag vor Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem zur Anklageerhebung 66 Jahre alten Mann vor, die niedersächsische Landtagsabgeordnete Marie Kollenrott (40, Grüne) Ende Mai bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Göttinger Innenstadt angegriffen und verletzt zu haben, wie das Amtsgericht Göttingen mitteilte. Kollenrott sagte, sie gehe mit einem kämpferischen Gefühl in die Verhandlung.
Die Politikerin zeigte sich zudem erleichtert, dass der Prozess auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschleunigt verhandelt wird. "Das arbeitet noch in mir, auch wenn meine körperlichen Verletzungen abgeklungen sind", sagte die Abgeordnete. Sie sei daher dankbar, dass das Thema nun hoffentlich zu einem formalen Abschluss kommen könne.
Gleichzeitig betonte sie, dass der Prozess aus dreierlei Sicht eine Bedeutung habe. Einerseits gehe es um einen Angriff auf eine Mandatsträgerin, die stellvertretend für ihre Wähler und Wählerinnen stehe.
Gleichzeitig habe sich später herausgestellt, dass der mutmaßliche Täter in der Vergangenheit bereits durch das Nutzen von Nazi-Symbolen auffiel und auch dafür verurteilt wurde. "Das war ein Angriff auf demokratische Strukturen", sagte sie. Der 66-Jährige sei einem aus ihrer Sicht positiven Thema, dem demokratischen Meinungsstreit, mit Gewalt begegnet.
Zudem sei es auch ein Angriff auf eine Frau auf offener Straße gewesen: "Ich bin mir nicht sicher, ob er auf einen Mann genauso aggressiv reagiert hätte - auch, wenn ich es letztlich nicht weiß."
Grünen-Kollenrott nach Angriff: "Nicht sicher, ob er auf einen Mann genauso aggressiv reagiert hätte"
Laut Anklage schlug der Verdächtige mehrfach gegen den linken Oberarm der Politikerin, zudem soll er sie beleidigt haben. Kollenrott erlitt nach eigenen Angaben Prellungen an einem Arm. "Er hat sich null gezügelt", sagte sie rückblickend. Die Polizei nahm den Tatverdächtigen kurz danach in Tatortnähe fest.
Kollenrott betonte, dass der Angriff keinen Einfluss auf ihre politische Arbeit hatte. Zwar sei sie am Wahlkampfstand wachsamer gewesen, doch sie weigere sich, Sorgen und Ängstlichkeit zuzulassen. Sie wolle "weiter Politik für die 99 Prozent der Stadtgesellschaft machen, die diskussionsbereit sind".
Inhaltlich hätte sie sich auch schon vorher für die individuelle Freiheit des Einzelnen und gegen rechte Gewalt eingesetzt. Die Attacke sei allerdings ein Grund für sie, stärker als bisher ein Ohr für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger zu haben, etwa bei den Themen Armut, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit.
Viele Menschen, mit denen sie am Wahlstand ins Gespräch kam, hätten den Angriff zudem als Anlass genommen, sich selbst stärker gegen rechte Gewalt und Rassismus engagieren zu wollen. Sie sei auch sehr dankbar, dass sie viel Zuspruch und Solidarität erhalten habe.
Titelfoto: Bildmontage: Swen Pförtner/dpa , Grüne Landtagsfraktion Niedersachsen/dpa