Nazis verprügelt? Linksextreme Hanna S. muss vor Gericht
Von Frederick Mersi
München - Die in Nürnberg festgenommene mutmaßliche Linksextremistin Hanna S. muss sich auf einen Prozess wegen versuchten Mordes in München einstellen.
Das Oberlandesgericht habe die entsprechende Anklage der Bundesanwaltschaft unverändert zugelassen, teilte ein Gerichtssprecher mit. Der Prozessbeginn sei für den 19. Februar 2025 geplant.
Hanna S. wird vorgeworfen, bei einem Treffen von Neonazis in Budapest, dem sogenannten "Tag der Ehre", als Teil einer Gruppe an zwei Überfällen mit Schlagstöcken, einem Hammer und Pfefferspray auf drei Menschen beteiligt gewesen zu sein.
Ziel der Angriffe der mutmaßlichen Linksextremisten sollen Menschen gewesen sein, die die Gruppe für Rechtsextremisten hielt.
Hanna S. wird auch gefährliche Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Der mutmaßliche Kopf der Gruppe, Johann G., war per Öffentlichkeitsfahndung gesucht worden und sitzt inzwischen ebenfalls in Untersuchungshaft.
Prozess mit besonderer Bedeutung: Linke Unterstützer fürchten Auslieferung nach Ungarn
Das Oberlandesgericht misst dem Prozess eine besondere Bedeutung zu, deshalb sei der Senat für Staatsschutz zuständig. Die Überfälle könnten nach Auffassung des Gerichts "negative Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Bundesrepublik Deutschland gegenüber anderen Staaten haben".
Wenn eine Gruppe aus Deutschland nach Ungarn reise, "um dort gegen aus ihrer Sicht politisch missliebige Menschen Gewalttaten zu verüben, stelle auch das dortige staatliche Gewaltmonopol infrage", argumentierte das Gericht.
Die Mitglieder der Gruppe teilen nach Ansicht der Bundesanwaltschaft eine militante linksextremistische Ideologie und lehnen den demokratischen Rechtsstaat ab. Ihnen werden demnach mindestens fünf Attacken auf Menschen zugerechnet, die aus Sicht der Angreifer dem rechten Spektrum zuzuordnen waren. Hanna S. war am 6. Mai in Nürnberg festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft.
Unterstützer, darunter der Linken-Europaabgeordnete Martin Schirdewan (49), hatten zuletzt öffentlich gefordert, dass die Justiz ein Verfahren in dem Fall eröffnen soll - aus Angst vor einer Auslieferung der Frau nach Ungarn. Die Hoffnung sei, dass bei einem Prozess in Deutschland ein mögliches Auslieferungsgesuch Ungarns ins Leere läuft.
Die Haftbedingungen dort seien nicht mit denen in anderen EU-Ländern zu vergleichen und teilweise nicht menschenwürdig, sagte Schirdewan nach einem Besuch bei Hanna S. in der U-Haft. Ein fairer Prozess sei wegen politischer Eingriffe in die Justiz nicht gesichert.
Titelfoto: Daniel Karmann/dpa