Ist Klopfen an Wände Notwehr? Nähmaschinen-Streit landet vor Amtsgericht!
Von Sabine Dobel
München - Wie viel Krach macht eine Nähmaschine? Und ist das Klopfen an Wände des Nachbars Notwehr? Mit diesen Fragen musste sich jetzt in der Tat das Amtsgericht München befassen!
Zwei Nachbarinnen haben sich bei einem Streit um den Lärm einer Nähmaschine der einen sowie die wütende Reaktion der anderen verkracht. Beide Mieterinnen eines Mehrfamilienhauses stritten vor Gericht wegen gegenseitiger Lärmbelästigungen.
Die im Erdgeschoss wohnende Frau hatte sich laut Gericht vom Geräusch der Industrienähmaschine der über ihr wohnenden Frau sehr gestört gefühlt.
In der Folge soll sie - so behauptet jedenfalls die oben wohnende Frau - von August des Jahres 2022 bis April 2023 mindestens 500 Mal (!) mit einem Gegenstand an die Wohnungsdecke geklopft haben.
Die in der darüberliegenden Wohnung lebende Frau macht geltend, sie und ihr Ehemann hätten dadurch stressbedingte Beschwerden erlitten.
Sie verklagte die unten wohnende Frau, das Klopfen zu unterlassen und nicht mehr zu behaupten, sie würde mit einer Industrienähmaschine ruhestörenden Lärm verursachen. Zudem verlangte sie Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro.
Prozess vor Amtsgerichts in München: Notwehr gegen Lärm?
Die beklagte Nachbarin wandte ein, sie habe aus Notwehr wegen der Lärmbelästigung durch die Industrienähmaschine gegen die Decke geklopft.
Sie hatte sich wegen der mutmaßlichen Belästigung durch den Lärm ebenjener Industrienähmaschine im Sommer des Jahres 2022 schon an die Gemeinde als Vermieterin des Mehrfamilienhauses gewandt.
Daraufhin besichtigten zwei Gemeindemitarbeiter die entsprechende Wohnungen - und stellten fest, dass die Maschine in der Wohnung der Beklagten nicht zu hören war. Die Klägerin entfernte diese wenig später allerdings dennoch aus der Wohnung.
Das Amtsgericht gab der Klage weitestgehend statt und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung und Zahlung eines Schmerzensgeldes von 300 Euro.
"Die Beklagte hat unstreitig mit einem Gegenstand gegen die Decke ihrer Wohnung geklopft. Streitig ist nur, wie häufig dies vorkam und ob dies durch Notwehr gerechtfertigt ist", führte das Gericht aus. Es sei jedenfalls zu regelmäßigem Klopfen gekommen. "Hierdurch wurde die Klägerin gestört und unter anderem in ihrer Nachtruhe beeinträchtigt. Die entsprechenden 'Klopfattacken' der Beklagten sind nicht durch Notwehr gerechtfertigt."
Keine störenden Geräusche einer Nähmaschine nachgewiesen
Zum einen habe die Beklagte nicht nachgewiesen, dass aus der Wohnung der Klägerin störende Geräusche der Nähmaschine kommen. Auf Tonbandaufnahmen habe das Gericht nur ein starkes Rauschen hören können, nicht aber für eine Nähmaschine charakteristische Geräusche. Entscheidend sei, dass es keine Situation gegeben habe, die ein Klopfen als Reaktion rechtfertige.
Selbst wenn aus der Wohnung der einen Frau Geräusche dringen sollten, dürfte die andere nicht durch ständiges Klopfen reagieren. Die Voraussetzungen für Notwehr lägen nicht vor. Vielmehr hätte die Beklagte ihrerseits gerichtlich gegen die Klägerin vorgehen, auf Unterlassung klagen müssen. Dies habe sie nicht getan. Das Urteil ist rechtskräftig.
Titelfoto: Montage: Sven Hoppe/dpa, 123RF/diproduction