Getöteter Joel (†6) aus Pragsdorf: Prozess gegen 14-Jährigen startet am Dienstag
Pragsdorf - Dieser Prozess findet zwar unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, doch er dürfte trotzdem viel Aufmerksamkeit erhalten: Am Dienstag (9.30 Uhr) beginnt vor dem Landgericht Neubrandenburg die Verhandlung im Fall des getöteten sechsjährigen Joel aus der Gemeinde Pragsdorf (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte).
Die Staatsanwaltschaft wirft einem 14-Jährigen Totschlag vor. Nach dem Jugendgerichtsgesetz droht dem Verdächtigen eine Jugendstrafe von bis zu zehn Jahren. Die Verhandlung sei nicht öffentlich, da der Angeklagte Jugendlicher ist, heißt es vom Gericht.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft liest sich grausam und brutal: Der Angeklagte habe dem Jungen am 14. September des vergangenen Jahres in der Nähe eines Bolzplatzes in Pragsdorf mehrfach in das Gesicht geschlagen und auf ihn mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 15 Zentimetern siebenmal eingestochen.
Joel sei dann infolge der Stiche aufgrund des Blutverlusts und einer Kompression des Brustbeins gestorben, was der damals 14-Jährige zumindest billigend in Kauf genommen habe, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Über ein mögliches Motiv ist bislang nichts bekannt. Die Anwältin der Familie des Opfers hatte im vergangenen Oktober nach einer Trauerfeier gesagt, dass der Tatverdächtige vor der Gewalttat an Joel auch schon dessen älteren Bruder angegriffen und verletzt haben soll.
Gutachter: Teenager ist schuldfähig
Seit dem 26. September - knapp zwei Wochen nach dem Tod des kleinen Joel - sitzt der Verdächtige nach Angaben des Landgerichts in Untersuchungshaft. Er hatte sich in Widersprüche verstrickt, zudem wurde seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden.
Im Dezember dann hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Teenager wegen Totschlags eingereicht. Einem Gutachten zufolge ist er schuldfähig.
"Nach dem Ergebnis der forensisch-psychiatrischen und entwicklungspsychologischen Begutachtung des Angeschuldigten ist die Staatsanwaltschaft von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit überzeugt", hatte es vor wenigen Wochen in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft geheißen. Sie wies aber auch darauf hin, dass für den jugendlichen Angeschuldigten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung gelte.
Der Fall des getöteten Joel sorgte bundesweit für Aufsehen, vor allem aber erschütterte er die kleine Gemeinde Pragsdorf mit ein paar Hundert Einwohnern. Die Stimmung habe sich inzwischen zwar etwas gelegt, da der Tatverdächtige gefasst sei, sagt Pragsdorfs Bürgermeister Ralf Opitz.
"Die Bevölkerung ist erleichtert." Unterschwellig spiele das Thema aber immer noch eine Rolle.
Bürgermeister Ralf Opitz: "Gerechtigkeit wird es nicht mehr geben."
Vor allem die Frage nach dem "Warum" bleibe. Er könne sich auch nicht vorstellen, dass diese Frage nun im Prozess beantwortet werde, sagt Opitz.
"Das "Warum" wird immer bleiben." Gerechtigkeit werde es nicht mehr geben. "Wenn er jetzt zehn Jahre kriegen sollte, dann ist er nach zehn Jahren draußen, aber das Kind bleibt ja trotzdem tot."
Etwa 40 Zeugen und 5 Sachverständige sind nach Angaben eines Sprechers des Landgerichts für den Prozess eingeplant. Zu Beginn am Dienstag sind demnach fünf Zeugen geladen. Abzuwarten bleibt, ob sich der Angeklagte zu den Vorwürfen äußern wird.
Nach dem Auftakt des Prozesses sind laut Gericht sechs weitere Termine zur Fortsetzung vorgesehen.
Titelfoto: Christian Johner/dpa