Halle-Attentäter amüsiert sich über Zeugenaussage der JVA-Anstaltsleiterin
Magdeburg - Im Gefängnis Burg (Landkreis Jerichower Land) haben es die Beamten mit den gefährlichsten Straftätern zu tun. Die Geiselnahme des Attentäters von Halle war ein besonderer Einschnitt. Jetzt berichtete die Anstaltsleiterin.
Im Prozess gegen den Attentäter von Halle wegen einer Geiselnahme im Gefängnis in Burg hat die Anstaltsleiterin versichert, dass der Fluchtversuch nicht hätte gelingen können.
"Ich habe gesagt, das Tor bleibt zu", sagte die Anstaltsleiterin am Mittwoch als Zeugin in Magdeburg. "Eine mobile Lage ist nicht nur für die Geisel sehr viel gefährlicher, sondern auch für alle Menschen draußen."
Nach der Geiselnahme habe der 32-Jährige ihr angekündigt, er wisse, was er beim nächsten Mal besser mache. Er werde seinen Kampf weiterführen, habe sich immer wieder antisemitisch und rassistisch geäußert.
Beim Prozessauftakt am Donnerstag vergangener Woche hatte Stephan Balliet die Geiselnahme vom 12. Dezember 2022 gestanden.
Sein Ziel sei es gewesen, frei zu sein. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat den 32-Jährigen wegen Geiselnahme und Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt.
Attentäter schmunzelt über Schilderungen
Die gesamte Belegschaft des Gefängnisses mit 620 Insassen sei unter Schock gewesen nach der Geiselnahme, sagte die Anstaltsleiterin weiter. Es sei stressig und psychisch belastend gewesen.
Bis heute gebe es viel Gesprächsbedarf. Die Mithäftlinge seien "stocksauer" gewesen, dass der Haftalltag anders als gewohnt verlief und eine geplante Weihnachtsveranstaltung abgesagt wurde.
Als die Anstaltsleiterin das schilderte, zeigte sich der Angeklagte amüsiert. Üblicherweise folgt er der Verhandlung und den Zeugenaussagen interessiert und ohne große Regungen. Hin und wieder wechselt er Worte mit seinem Verteidiger.
Nach der Tat habe der Gefangene über mehrere Tage nicht getrunken und gegessen, so die Anstaltsleiterin weiter.
Es habe Sorge um seine Gesundheit bestanden, viele Gespräche seien geführt worden, bis er überzeugt werden konnte, wieder zu essen und zu trinken. Balliet sei unter den 620 Gefangenen in Burg grundsätzlich einer der höflichen gewesen, aber absolut unzugänglich, so die Leiterin.
Er habe alle Gesprächs- und Behandlungsangebote abgelehnt.
Straftäter derzeit nicht resozialisierbar
Weil für ihn als Strafgefangenen das Gebot der Resozialisierung gelte, habe es zwei Versuche gegeben, ihn zu integrieren in eine Gruppe von Gefangenen. Ein erster Versuch sei gescheitert, ein zweiter habe mit der Geiselnahme geendet.
Auf die Frage, ob sie ihn für resozialisierbar hält, sagte die Anstaltsleiterin: "Aus jetziger Sicht würde ich sagen, nein."
Balliet war im Dezember 2020 wegen des rassistischen und antisemitischen Anschlags in Halle zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden - zur Höchststrafe.
Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, hatte er versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, ermordete er nahe der Synagoge zwei Menschen.
Weil Balliet als extremes Sicherheitsrisiko gilt, findet der Prozess unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen statt.
Das Landgericht Stendal verhandelt im größten Justizsaal Sachsen-Anhalts in Magdeburg. Der Zuschauerbereich ist durch Sicherheitsglas abgetrennt.
Während der Verhandlung saßen maskierte Spezialkräfte der Justiz in voller Schutzausrüstung hinter dem Angeklagten.
Titelfoto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa